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Großschutzprojekt "Hannoversche Moorgeest" angelaufen

Foto: Schmalblättriges Wollgras

Die naturschutzfachliche Qualität der Hochmoore im Norden von Hannover ("Bissendorfer-, Otternhagener-, Schwarzes- und Helstorfer- Moor") ist seit langem bekannt. Herausragend ist ihre biologische Substanz. Ihre Lage zueinander bietet zudem optimale Voraussetzungen für eine ökologische Vernetzung. Engagierte Naturschützer wie Konrad Buchwald, Hans Heider und vor allem Ernst Preising vom "Bund für Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen", der Vorgängerorganisation des BUND, hatten in den 1960- und 1970-iger Jahren im Schulterschluss mit der damaligen Naturschutzverwaltung wesentlichen Anteil daran, dass es im "Bissendorfer Moor" nicht zu der 1955 beantragten industriellen Abtorfung gekommen ist (OVG-LG, 1973). Damit konnte die biologische, aber auch die morphologische Qualität dieses Moores vor der Zerstörung bewahrt werden. Das war ein großer und wichtiger Erfolg für den niedersächsischen Moorschutz.

Foto: Bissendorfer Moor - Moorkolk-See

Im Vorlauf zum "Niedersächsisches Moorschutzprogramm I" (MSP I, 1981) wurden in der 1970-iger Jahren die 88 größten und wichtigsten Hochmoore in Niedersachsen sowohl aus Sicht des Naturschutzes als auch der Rohstoffgewinnung untersucht und bewertet, um bestehende Konflikte zwischen industriellem Torfabbau und dem Naturschutz einer Lösung zuzuführen. Dabei kam heraus, dass von den untersuchten Hochmooren das "Bissendorfer Moor" den höchsten Naturschutzwert hatte. Das "Otternhagener Moor" rangierte auf Platz drei und das "Helstorfer Moor" immerhin noch auf Platz zehn. Für den Moorschutz waren diese Moore, die bis in die 1950-iger Jahre für die Brenntorfgewinnung (bäuerlicher Handtorfstich) genutzt worden waren und trotzdem wesentliche Merkmale erhalten hatten, ausgesprochene "Perlen". Ihre landesweite naturschutzfachliche Bedeutung war durch die noch vorhandene hochmoortypische Vegetation (Torfmoose, Wollgräser, Zwergsträucher) begründet, aber auch durch das Vorkommen vieler gefährdeter Arten unter den Schmetterlingen, Heuschrecken, Libellen und Käfern oder Amphibien, Reptilien und Vögeln.

Seit 1972 hat sich die "Faunistische Arbeitsgemeinschaft Moore" (FAM) in Zusammenarbeit mit den Fachbehörden um den Erhalt dieser Moore gekümmert. Mit unermüdlichem Einsatz sind in den vergangenen 30 Jahren viele Grabenstaue angelegt worden zur oberflächennahen Wiedervernässung. Gehölze (Kiefer, Birke) wurden entfernt, um die Moore als Offenbiotope mit ihren ursprünglichen Lebensgemeinschaften zu erhalten. Dies ist zumindest in Teilbereichen durchaus gelungen.

Foto: Langblättriger Sonnentau

Alle genannten Moore haben das Problem, dass am Rande ihrer Torfkörper, wo ursprünglich ein Randsumpf (Laggzone) hingehört, im Zuge früherer Meliorationsmaßnahmen tiefe Entwässerungsgräben gezogen worden sind. Diese Gräben beeinträchtigen massiv den Wasserhaushalt der Moore, haben den ursprünglichen Randsumpf beseitigt und eine intensive landwirtschaftliche Nutzung bis an die Moore heran möglich gemacht. Moorschützern und Ortskennern war seit langem klar, dass zum Schutz der Moore und für ihre weitere Entwicklung (Regeneration) eine Aufhebung der Vorflut im Torfrandbereich, die Wiederherstellung einer Laggzone und die Schaffung eines landwirtschaftlich extensiv genutzten Übergangsbereichs hin zum Kulturland gehörten. Darüber hinaus wären Maßnahmen zur Förderung der ökologischen Vernetzung der Einzelmoore sehr sinnvoll gewesen. Solche Planungen, deren Durchführung wasserrechtliche Verfahren sowie Flurneuordnungen, vor allem aber das Einvernehmen aller Betroffener vorausgesetzt hätten, sind in der Vergangenheit immer wieder einmal angedacht, aber letztendlich nie wirklich angegangen worden.

Vor einigen Jahren eröffnete sich dann die Möglichkeit, die Naturschutzziele eventuell über das Bundesförderprogramm für gesamtstaatlich repräsentative Naturschutzgroßprojekte realisieren zu können. Die jahrelangen Bemühungen vieler Beteiligter endlich Erfolg gehabt. Am 07.12.2006 übergab Prof. Vogtmann, Präsident des Bundesamtes für Naturschutz (BfN, Bonn) im Schloss Landestrost (Neustadt) Staatssekretär Dr.Eberl (MU) feierlich den Bewilligungsbescheid für das Großprojekt "Hannoversche Moorgeest", den dieser an den Regionspräsidenten H. Jagau als Projektträger weiter reichte.

Die Bundesrepublik Deutschland wird sich mit 70 Prozent an den Kosten für die zunächst dreijährige Planungsphase in Höhe von 819.000 Euro beteiligen. Das Land Niedersachsen übernimmt weitere 20 Prozent, die Region Hannover als Projektträgerin die verbleibenden 10 Prozent. Das Projektgebiet umfasst die genannten Moore sowie deren Randbereiche in einer Größe von 5.505 ha. In der Planungsphase bis 2009 werden Pflege- und Entwicklungspläne sowie ein sozio-ökonomisches Gutachten erstellt. Gleichzeitig läuft eine Moderation, in der ein Mediator bestehende Probleme/Konflikte zwischen allen Beteiligten (Grundeigentümer, Landnutzer etc.) erfasst und versucht, diese dann möglichst einvernehmlich zu lösen. Erst danach wird entschieden, ob die Mittel für die Umsetzung der Projektziele (ca. 5 Millionen Euro) bewilligt werden. Die Umsetzungsphase würde dann (erst!) in den Jahren 2009 bis 20016 laufen.

Eine schnellere Wiedervernässung der Torfkörper wäre auch aus Klimaschutzgründen wünschenswert gewesen. Intakte Moore sind Stoffsenken. Durch Entwässerung und die damit verbundene Sauerstoffzufuhr werden die Torfe zersetzt. Es kommt zu dem sogenannten "Torfschwund" (1 - 2 cm pro Jahr). Verbunden mit den durch die Entwässerung verbundenen Sackungen haben unsere Moore über die Jahrzehnte nennenswerten Höhenverluste erlitten. Schwerwiegender ist allerdings die Freisetzung des klimaschädlichen CO2 bei diesen Abbauprozessen. Fachleute haben berechnet, dass etwa 5-6% unserer CO2-Emissionen auf die Zersetzung von Nieder- und Hochmoortorfen zurückzuführen sind. Mit Blick auf den Klimaschutz wäre eine schnelle Wiedervernässung der Moore und damit die Fixierung der Torfe unter Wasser geboten.

Vorerst bleibt das Engagement der ehren- und hauptamtlichen Naturschützer (FAM, UNB) in den nordhannoverschen Mooren unverändert notwendig, wenn der "biologische" Status quo in den Mooren erhalten und die Vernässung von Torfen fortgesetzt werden soll. Es wird weiterhin Pflegeeinsätze geben müssen, bei denen Hilfe jederzeit willkommen ist. Wer am Moorschutz Interesse hat, kann sich im Winterhalbjahr (September bis Februar) an den Arbeiten im Moor beteiligen. Diese finden jeweils an Samstagen statt. Einzelheiten hierzu können im Internet oder in der BUND-Geschäftsstelle erfragt werden.

( R. Löhmer, 22.01.07 )

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Quelle: http://archiv.bund-niedersachsen.de/themen/moorschutz/grossschutzprojekt_hannoversche_moorgeest_angelaufen/