2011 steht Agrarreform auf der Tagesordnung: Demonstration am 22. Januar in Berlin mit Nnimmo Bassey, Träger des Alternativen Nobelpreises 2010
Nachdem das Statistische Bundesamt am Montag Zahlen herausgegeben hat, nach denen immer mehr Schweine in immer größeren Ställen gehalten werden, haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und die Kampagnenorganisation Campact heute weitere Details veröffentlicht. So sei die absolute Zahl der Schweine zwischen Januar und November 2010 um rund 360000 Tiere auf knapp 27 Millionen gestiegen. Jedes zehnte Schwein aus deutschen Tierfabriken gehe in den Export. Im Durchschnitt esse jeder Deutsche pro Jahr etwa 55 Kilogramm Schweinefleisch und insgesamt etwa 88 Kilogramm Fleisch- und Fleischprodukte.
Geflügel wie Hühnchen und Putenfleisch werde ebenfalls im Übermaß und zunehmend in Mega-Mastanlagen produziert. In Deutschland sei deren Erzeugung 2010 im Vergleich zu 2009 um 10 Prozent auf derzeit etwa 1,6 Millionen Tonnen Geflügelfleisch im Jahr gestiegen. Niedrige Umwelt- und Tierschutzstandards und fragwürdige Agrarsubventionen hätten zu diesem Boom beigetragen. Im Schnitt esse jeder Deutsche fast 20 Kilogramm Geflügelfleisch im Jahr.
Für die BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning belegen diese Zahlen die Notwendigkeit einschneidender Reformen in der Agrarpolitik: „Dringend erforderlich ist die Umverteilung der Agrarförderung weg von Mega-Mastanlagen und weg von großen Lebensmittelkonzernen hin zur art- und umweltgerechten Landwirtschaft. Die EU-Kommission hat dazu brauchbare Vorschläge gemacht. Hingegen wollen Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner und die meisten Länderagrarminister eine gerechtere Verteilung der fast 60 Milliarden Euro Agrarsubventionen verhindern. Die weitere Fixierung auf die Ausweitung der Exporte schadet der Umwelt, den Tieren und den nachhaltig wirtschaftenden Bauernhöfen.“
Die Überproduktion von Fleisch und Milch in industrialisierten Tierhaltungsanlagen nütze vor allem einigen wenigen Nahrungsmittelkonzernen, die Billigprodukte in großen Mengen auf die Weltmärkte werfen würden. Großbetriebe kassierten zugleich rund 80 Prozent der EU-Direktzahlungen, während auf der anderen Seite das Sterben kleinerer und mittlerer Bauernhöfe weitergehe. Vor diesem Hintergrund sei es nicht hinnehmbar, dass die Bundesregierung alle Informationen zur Transparenz bei den Agrarsubventionen aus dem Internet genommen habe.
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, will ein breites Bündnis aus Umwelt-, Agrar- und Tierschutzverbänden unter dem Motto „Wir haben es satt. Nein zu Gentechnik, Tierfabriken und Dumpingexporten!“ am 22. Januar in Berlin aus Anlass der Grünen Woche für eine neue Agrarpolitik demonstrieren. Das Bündnis von rund 20 Verbänden erwartet mehrere Tausend Menschen zu der Kundgebung, die von einem Dutzend Traktoren begleitet werden soll.
Felix Kolb, Geschäftsführer von Campact: „Konsumforscher sagen ein Sinken des Fleischkonsums um etwa ein Prozent pro Jahr voraus. Das heißt, in der Bevölkerung gibt es bereits einen Stimmungsumschwung. Die Risiken der Agro-Gentechnik, die Massentierhaltung in Agrarfabriken, Umweltzerstörung und Armutsbeförderung durch Dumping-Exporte werden nicht länger ausgeblendet. Und immer mehr Menschen lehnen die Überproduktion von Fleisch mit all ihren negativen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt ab.“
Jochen Fritz von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL): „Das Bundesverfassungsgericht fällte in diesem Jahr entscheidende Urteile, um die Bundesregierung und die Agrarindustrie an die Notwendigkeit von Regeln zum Schutz vor gentechnischen Verunreinigungen der Äcker und an den Tierschutz zu erinnern. Die Verbraucher wollen gentechnikfreie, tiergerecht und fair erzeugte Lebensmittel. Auch dafür gehen wir anlässlich der Grünen Woche in Berlin auf die Straße.“
Der Nigerianer Nnimmo Bassey, Träger des diesjährigen Alternativen Nobelpreises und Vorsitzender der BUND-Dachorganisation Friends of the Earth International wird der prominenteste Redner auf der Demonstration am 22. Januar sein. Er will vor allem die negativen Auswirkungen der europäischen Agrarpolitik auf die Märkte in Entwicklungsländern thematisieren.
Weitere Informationen zur Demonstration am 22. Januar finden Sie im Internet unter: www.wir-haben-es-satt.de
Pressekontakt: Reinhild Benning, BUND-Agrarexpertin, Tel. 030-27586-481, Jochen Fritz von der AbL, Mobil: 0171-8229719, E-Mail: fritz_jochen@web.de bzw. Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressesprecher, Tel. 030-27586-425/-489, Mobil: 0171-8311051, E-Mail: presse@bund.net, www.bund.net