Grundsätzlich haben Biogasanlagen als eine Säule der Erneuerbaren Energien einen sehr hohen Stellenwert, um die ehrgeizigen Klimaschutzziele in Niedersachsen zu erreichen.
Doch vielen wird die zunehmende Anzahl von landwirtschaftlichen Biogasanlagen im Land - und beispielsweise in der Region Hannover - auffallen. In der direkten Umgebung dieser Anlagen ist meist ein hoher Anteil an Maisfeldern festzustellen - auch in Gegenden, wo bisher kaum landwirtschaftliche Tierhaltung mit Gülle(überschüssen) und daher auch kein Maisanbau (zu Futterzwecken) vorhanden ist. Für die durchschnittliche Anlagengröße von 500 kw werden jährlich rund 250 Hektar Anbaufläche benötigt.
Vor einigen Jahren entstanden so genannte "NaWaRo"-Anlagen (Nachwachsende Rohstoffe), die im Wesentlichen mit energiereicher Maissilage bestückt werden. Die Besonderheit dieser Anlagen liegt, neben einer sorgfältigen Standortauswahl, in der Aufbereitung zu Erdgasqualität zur Gasnetzeinspeisung bzw. in der gezielten Wärmeabgabe zur Beheizung von Schwimmbad und Schulen.
Dabei ist Mais-Silage zwar ein sehr wichtiger und wertvoller Rohstoff für Biogasanlagen, aber auch andere Nutzpflanzen (Sonnenblumen, Grünroggen …) sind für diese Verwertung geeignet, wenn auch mit leicht geringerem Energiegehalt und somit etwas höherem Flächenbedarf.
Unabhängig davon gibt es alte und neue Biogasanlagen auf Milchvieh-Betrieben, wo die anfallende Gülle aufbereitet und die (klimaschädlichen) Methangase für die energetische Verwertung vollständig entzogen werden. Neben der Einspeisevergütung für den Betreiber ist dies ein wichtiger, eigentlich selbstverständlicher Klimaschutzbeitrag, der in dieser Form durchaus noch viele Wiederholungen braucht. Bei dieser Anlagenform wird weniger Anbaufläche für Energiepflanzen benötigt.
Aktuell werden auch Biogasanlagen auf der Basis von Gülle in Kombination mit energiereichen nachwachsenden Rohstoffen geplant. Dies stellt neue Anforderungen an die Anlagentechnik und die durchaus empfindlichen Bakterienkulturen im Fermenter. Neben der Standortwahl und ausreichenden Siedlungsabständen sind vorhandene Schutzgebiete und die Verkehrswege für den Transport von größeren Mengen an Silage-Gut wichtige Prüfkriterien - auch für die Genehmigungsbehörden. Nur bei einer frühzeitigen Standortplanung kann die anfallende Abwärme für die Einspeisung in ein mögliches Nahwärmenetz nutzbar gemacht werden. Neue gesetzliche Regelungen, u.a. im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, EEG mit dem "KWK-Bonus" können diese Entwicklung unterstützen und steuern.
Auffallend ist, dass immer mehr Landwirte Biogas-Projekte als Betreibergemeinschaft planen, bauen und betreiben. Dies ist durchaus auch als Reaktion auf die angespannte Einkommenssituation vieler Betriebe zu verstehen. Denn neben den Milchpreisen sind auch die Erzeugerpreise für Getreide sind seit langem auf einem sehr niedrigen Niveau. Auch in Gegenden mit wenigen viehhaltenden Betrieben suchen Landwirte nach zusätzlichen Einkommensperspektiven. Dies ist auch ein Grund für die vielen geplanten Mastställe für Schweine und Hähnchen, sogar in bislang "viehlosen Gegenden".
Bei Biogasprojekten aus Betreibergemeinschaften mit einer weitaus höheren Anbaufläche als Summe der beteiligten Betriebe besteht die Chance, dass die erforderlichen Anbauflächen für Energiepflanzen besser in eine möglichst weite Fruchtfolge integriert werden können. Eine weite Fruchtfolge ist noch immer ein wichtiger Bestandteil in einer landwirtschaftlich geformten Kulturlandschaft.
Mit der zunehmenden Anbaufläche für Energiepflanzen wird sich das Landschaftsbild weiter verändern und damit auch der Lebensraum vieler wildlebender Pflanzen- und Tierarten. Davon werden Wildschweine weiterhin sehr profitieren, aber andere Arten weitaus weniger. Auch in den 80er Jahren war eine größere Veränderung mit dem stark zunehmenden Anbau von Winterraps zu beobachten.
Im Rahmen der für die Landwirtschaft geltenden "guten fachlichen Praxis" werden Energiepflanzen zunehmend auch von landwirtschaftlichen Betrieben angebaut, um diese dann als geerntetes Silage-Gut an Anlagenbetreiber zu verkaufen. Auch hier besteht die Chance, dass es nicht zu übermäßig hohen Konzentrationen von Energiepflanzen-Anbauflächen in der Umgebung von Biogasanlagen kommt. Wegen dem recht hohen Transport-Aufwand für Silage-Gut und den damit verbundenen Kosten gilt aber das "Prinzip der kurzen Wege".
Es fehlt bislang an Koordination und einer regionalen Steuerung dieser Entwicklung. Eine höhere räumliche Konzentration von Biogasanlagen kann auch nicht im Sinne der Anlagenbetreiber sein, die auf viele Jahre an einer sicheren, ausreichenden und günstigen Substratversorgung interessiert sind.
Zu hoffen ist, dass große Mengen an organischer Substanz aus anderen Wirtschaftsbereichen bald auch für eine energetische Verwertung zugänglich gemacht werden. Dabei geht es um Klärwerke, das sommerliche Mähgut an Kreis- und Landesstraßen, Mähgut aus der Gewässerunterhaltung und auch Gartenabfälle/Grasschnitt sowie die Inhalte aus Komposttonnen, die an den Deponiestandorten (und Grüngut-Annahmestellen) erfasst und kompostiert bzw. an die Landwirtschaft abgegeben werden.