BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


Adel verpflichtet

Foto: Grube

Spektakuläre archäologische Funde lassen die BUND-Burg Lenzen in einem neuen Licht erscheinen. Stand etwa dort, wo im nächsten Jahr ein modernes Umwelt- und Besucherzentrum eröffnet werden soll, vor über 1000 Jahren eine slawische Königsburg? Uber die Ausgrabung und ihre Folgen berichtet Sabine Littkemann in einer Sonderausgabe des BUNDmagazins.

"Wir haben schon damit gerechnet, etwas zu finden", sagt Archäologin Heike Werner. "Aber dass wir bereits in zwei Meter Grabungstiefe auf umfangreiche Reste einer spätslawischen Bebauung gestoßen sind, hat uns wirklich überrascht", berichtet die 34jährige Archäologin begeistert. Sie leitet das sechsköpfige Grabungsteam der 'Archäologie Manufaktur' aus Berlin, das seit Mai in einer Baugrube auf dem Lenzener Burgberg arbeitet. Was sich den Archäologen bot, übertraf all ihre Erwartungen: Gut erhaltene hölzerne Bohlenwege, Zäune aus Flechtwerk und verschiedene Holzkonstruktionen kamen beim sorgfältigen Abtragen der Erdschichten ans Tageslicht.

Mittlerweile arbeitet das Grabungsteam in einer Tiefe von etwa vier Metern und ist dabei in die bebaute Innenzone des slawischen Burgwalls vorgestoßen. "Hier liegen die Hölzer dicht gedrängt und verschachtelt", erklärt Werner. "Das sind die Reste slawischer Blockhäuser". Die dazu gehörigen Wände und Feuerstellen könne man rekonstruieren, sogar eine Tür sei geborgen worden. Auch Teile des alten slawischen Ringwalls haben die Archäologen freigelegt, insgesamt aus drei verschiedenen Burgwallphasen.

Photo: Das GrabungsteamDen mittleren der drei Wälle könne man mit Hilfe der so genannten Jahrring-Methode auf das Jahr 982 genau datieren. "Der Wall wurde also ein Jahr vor dem großen Slawenaufstand 983 gebaut und steht damit vermutlich direkt in Verbindung", glaubt Werner. Der bisher spektakulärste Fund ist ein hölzerner Kampfschild, das furnierartig verleimt ist und von einem breiten Bastrand gesäumt wird. "Dieser Schild ist bislang einmalig im nordwestslawischen Siedlungsgebiet", schwärmt die Grabungsleiterin.

Einig sind sich alle Archäologen in ihrer fast euphorischen Einschätzung der Funde auf Burg Lenzen. Für Heike Werner und ihre Kollegen sind die hölzernen Zeitzeugen slawischer Alltagskultur ein Höhepunkt ihrer nicht immer so spektakulären archäologischen Arbeit. Professor Jürgen Kunow vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege in Wünsdorf bezeichnet sie in einer ersten Stellungnahme gar als einen Jahrhundertfund, der zukünftig im Fokus der europäischen Archäologie stehen könnte.

Etwas verhaltener zeigt sich BUND-Landesgeschäftsführer Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, der nun seine Pläne für das 'Zentrum für Auenökologie, Umweltbildung und Besucherinformation Burg Lenzen' in Gefahr sieht.
Denn dort, wo jetzt noch die Archäologen arbeiten, sollten eigentlich schon die Fundamente des neuen Gästehauses stehen.

"Unser Zeit- und Kostenplan ist völlig durcheinander", stöhnt Bodenstein-Dresler, der sich durchaus bewusst ist, mit dem Bauantrag für das neue Gebäude die Rettungsgrabungen erst ausgelöst zu haben.

"Nach dem brandenburgischen Denkmalschutzgesetz muss der Verursacher im Rahmen des so genannten Zumutbaren die Kosten für bauvorbereitende, archäologische Ausgrabungen tragen", erklärt Gebietsarchäologe Jens May die heikle Finanzierungsfrage.

Der auf Burg Lenzen gefundene Dreilagenkamm aus drei Knochenlagen gehört zur spätslawischen Siedlungsphase. Weitere Funde slawischer Kultur sind Bernsteinschmuck, eine Knochenflöte und Reste einer Schuhwerkstatt.
Photo: Archäologische Manufaktur

Der BUND sei als Bauträger also im Prinzip verpflichtet, für die archäologische Sicherung der Funde aufzukommen.

Wegen der Größe der Grabung und ihrer besonderen landesgeschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung sei die allgemein übliche Zumutbarkeit jedoch deutlich überschritten, meinen Archäologen und BUND unisono.

Bodenstein-Dresler bemüht sich deshalb mit dem Land Brandenburg und der Stadt Lenzen um eine gemeinsam getragene Finanzierung der archäologischen Sicherungsarbeiten.

Nach dem ersten Schrecken finden Bodenstein-Dresler und BUND Projektleiter Tim Schwarzenberger sogar Gefallen an der wiederentdeckten slawischen 'Königsburg Lenzen', die heute in BUND-Hand ist. "Wir wollen die Funde in jedem Fall in unser Ausstellungskonzept einbinden", sagt Schwarzenberger. Ihm schwebt eine frühgeschichtliche Ausstellung vor, die die Originale am Fundort präsentiert.

Dazu müsse die bereits begonnene Unterkellerung des neuen Gästehauses um ein weiteres Kellergeschoss ergänzt werden.

"Dann hätten wir sozusagen einen archäologischen Schnitt durch den Lenzener Burgwall ? von der Neuzeit mit den Gebäuden ganz oben, durch das Mittelalter bis zu den slawischen Anfängen der Besiedlung im unteren Kellergeschoss." Dieses könne man auf der ganzen Fläche von rund 100 Quadratmetern als Ausstellungsraum nutzen. Ein gläserner Fahrstuhl könnte die Besucher ins 10. Jahrhundert, in die Welt der Elbslawen, hinunterfahren - eine Vorstellung, die auch Bodenstein-Dresler mit den aktuellen Schwierigkeiten versöhnt.

Lit

Adel verpflichtet

  • Foto: Grube
  • Foto: Kamm
  • Foto: Burg

Spektakuläre archäologische Funde lassen die BUND-Burg Lenzen in einem neuen Licht erscheinen. Stand etwa dort, wo im nächsten Jahr ein modernes Umwelt- und Besucherzentrum eröffnet werden soll, vor über 1000 Jahren eine slawische Königsburg? Uber die Ausgrabung und ihre Folgen berichtet Sabine Littkemann in einer Sonderausgabe des BUNDmagazins.

"Wir haben schon damit gerechnet, etwas zu finden", sagt Archäologin Heike Werner. "Aber dass wir bereits in zwei Meter Grabungstiefe auf umfangreiche Reste einer spätslawischen Bebauung gestoßen sind, hat uns wirklich überrascht", berichtet die 34jährige Archäologin begeistert. Sie leitet das sechsköpfige Grabungsteam der 'Archäologie Manufaktur' aus Berlin, das seit Mai in einer Baugrube auf dem Lenzener Burgberg arbeitet. Was sich den Archäologen bot, übertraf all ihre Erwartungen: Gut erhaltene hölzerne Bohlenwege, Zäune aus Flechtwerk und verschiedene Holzkonstruktionen kamen beim sorgfältigen Abtragen der Erdschichten ans Tageslicht.

Mittlerweile arbeitet das Grabungsteam in einer Tiefe von etwa vier Metern und ist dabei in die bebaute Innenzone des slawischen Burgwalls vorgestoßen. "Hier liegen die Hölzer dicht gedrängt und verschachtelt", erklärt Werner. "Das sind die Reste slawischer Blockhäuser". Die dazu gehörigen Wände und Feuerstellen könne man rekonstruieren, sogar eine Tür sei geborgen worden. Auch Teile des alten slawischen Ringwalls haben die Archäologen freigelegt, insgesamt aus drei verschiedenen Burgwallphasen.

Den mittleren der drei Wälle könne man mit Hilfe der so genannten Jahrring-Methode auf das Jahr 982 genau datieren. "Der Wall wurde also ein Jahr vor dem großen Slawenaufstand 983 gebaut und steht damit vermutlich direkt in Verbindung", glaubt Werner. Der bisher spektakulärste Fund ist ein hölzerner Kampfschild, das furnierartig verleimt ist und von einem breiten Bastrand gesäumt wird. "Dieser Schild ist bislang einmalig im nordwestslawischen Siedlungsgebiet", schwärmt die Grabungsleiterin.

Einig sind sich alle Archäologen in ihrer fast euphorischen Einschätzung der Funde auf Burg Lenzen. Für Heike Werner und ihre Kollegen sind die hölzernen Zeitzeugen slawischer Alltagskultur ein Höhepunkt ihrer nicht immer so spektakulären archäologischen Arbeit. Professor Jürgen Kunow vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege in Wünsdorf bezeichnet sie in einer ersten Stellungnahme gar als einen Jahrhundertfund, der zukünftig im Fokus der europäischen Archäologie stehen könnte.

Etwas verhaltener zeigt sich BUND-Landesgeschäftsführer Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, der nun seine Pläne für das 'Zentrum für Auenökologie, Umweltbildung und Besucherinformation Burg Lenzen' in Gefahr sieht.
Denn dort, wo jetzt noch die Archäologen arbeiten, sollten eigentlich schon die Fundamente des neuen Gästehauses stehen.

"Unser Zeit- und Kostenplan ist völlig durcheinander", stöhnt Bodenstein-Dresler, der sich durchaus bewusst ist, mit dem Bauantrag für das neue Gebäude die Rettungsgrabungen erst ausgelöst zu haben.

"Nach dem brandenburgischen Denkmalschutzgesetz muss der Verursacher im Rahmen des so genannten Zumutbaren die Kosten für bauvorbereitende, archäologische Ausgrabungen tragen", erklärt Gebietsarchäologe Jens May die heikle Finanzierungsfrage.

Der auf Burg Lenzen gefundene Dreilagenkamm aus drei Knochenlagen gehört zur spätslawischen Siedlungsphase. Weitere Funde slawischer Kultur sind Bernsteinschmuck, eine Knochenflöte und Reste einer Schuhwerkstatt.
Photo: Archäologische Manufaktur

Der BUND sei als Bauträger also im Prinzip verpflichtet, für die archäologische Sicherung der Funde aufzukommen.

Wegen der Größe der Grabung und ihrer besonderen landesgeschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung sei die allgemein übliche Zumutbarkeit jedoch deutlich überschritten, meinen Archäologen und BUND unisono.

Bodenstein-Dresler bemüht sich deshalb mit dem Land Brandenburg und der Stadt Lenzen um eine gemeinsam getragene Finanzierung der archäologischen Sicherungsarbeiten.

Nach dem ersten Schrecken finden Bodenstein-Dresler und BUND Projektleiter Tim Schwarzenberger sogar Gefallen an der wiederentdeckten slawischen 'Königsburg Lenzen', die heute in BUND-Hand ist. "Wir wollen die Funde in jedem Fall in unser Ausstellungskonzept einbinden", sagt Schwarzenberger. Ihm schwebt eine frühgeschichtliche Ausstellung vor, die die Originale am Fundort präsentiert.

Dazu müsse die bereits begonnene Unterkellerung des neuen Gästehauses um ein weiteres Kellergeschoss ergänzt werden.

"Dann hätten wir sozusagen einen archäologischen Schnitt durch den Lenzener Burgwall ? von der Neuzeit mit den Gebäuden ganz oben, durch das Mittelalter bis zu den slawischen Anfängen der Besiedlung im unteren Kellergeschoss." Dieses könne man auf der ganzen Fläche von rund 100 Quadratmetern als Ausstellungsraum nutzen. Ein gläserner Fahrstuhl könnte die Besucher ins 10. Jahrhundert, in die Welt der Elbslawen, hinunterfahren - eine Vorstellung, die auch Bodenstein-Dresler mit den aktuellen Schwierigkeiten versöhnt.

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Quelle: http://archiv.bund-niedersachsen.de/service/bundmagazin/42001/adel_verpflichtet/