Naturschutz in der Stadt - Hilfe für tierische Nachbarn

Der Biber wohnt an der Leine mitten in Hannover, an den Kleingärten begegnen mir abends Reh und Fuchs und in meinem Stadtgarten treffe ich auf Igel, Erdkröte, Zwergfledermaus, Wildbienen, Hornissen und zahlreiche Vögel. Gerade die Vielfalt an Kleinbiotopen in der Stadt ermöglicht eine überraschende Artenvielfalt: Parks mit altem Baumbestand, Uferbereiche am Stadtsee, Friedhöfe, Kleingärten, Hafenanlagen, Bahngleise und kleine Brachen zwischen den Häusern – sie alle bieten Tieren und Pflanzen Ersatzlebensräume ganz in unserer Nähe. Ersatz deshalb, weil sich die Biotope auf dem Land aufgrund der immer intensiveren Nutzung und Überdüngung seit Jahrzehnten stetig verschlechtern.

Naturschutz in der Stadt kann Schutzbemühungen außerhalb des Siedlungsbereichs keineswegs ersetzen, jedoch sinnvoll ergänzen. Städte sind damit oft Überlebensinseln für stark gefährdete Arten. Viele von ihnen sind Kulturfolger und sehr standorttreu. Sie sind häufig an die Städte gebunden – und meist auch direkt an die Gebäude selbst. Tierpopulationen in der Stadt sind oft klein und kaum miteinander vernetzt, was sie anfälliger für Störungen macht. Hilfe für unsere tierischen Nachbarn ist also dringend nötig.

Mauerseglerkasten. Foto: Klaus Roggel

Möglichkeiten des Artenschutzes gibt es im Städtischen genug – von der Fassadenbegrünung über Hilfe für Gebäudebrüter bis zum Erhalt von Grünflächen. Viele dieser Aufgaben liegen im Verantwortungs- und Entscheidungsbereich der Behörden. Angesichts der Knappheit öffentlicher Mittel reichen die kommunalen Maßnahmen kaum aus. Deshalb ist gerade der Bürger mit seinem Engagement besonders gefragt, denn im Zuge der vorgeschriebenen energetischen Sanierung von Wohnhäusern verlieren Gebäudebrüter ihre Wohnstätten. Schicke Neubauten mit ihren glatten Beton- oder Glasfassaden bieten ihnen keine Rückzugsorte mehr zum Brüten – Bestandszahlen von Mauersegler, Haussperling und Zwergfledermaus sind bereits rückläufig, weil es an sanierten und neuen Gebäuden immer weniger Nistmöglichkeiten gibt. Hier setzt das Projekt „Klimaschutz und biologische Vielfalt unter einem Dach“ des BUND Niedersachsen an.

Bei Dachmodernisierungen und dem Anbringen von Wärmedämmverbundsystemen auf die Außenwand werden - oft unbeabsichtigt - bestehende Vogel- und Fledermausquartiere zerstört. Das muss nicht sein. „Gebäudemodernisierungen können gezielt genutzt werden, um etwas für den Artenschutz zu tun“, betont Kirsten Gulau, Leiterin des dreijährigen Bingo-Förderprojektes. Werden die Maßnahmen von Anfang an mitgeplant, entstehen dem Hauseigentümer kaum zusätzliche Kosten. Für energetische Sanierungen bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) finanzielle Unterstützung an: Im ersten Halbjahr 2015 wurden allein in Niedersachsen 20.228 Wohneinheiten bezuschusst.

Sanierungen haben vor allem im Sommer Hochkonjunktur. Das ist für Vögel und Fledermäuse besonders kritisch, da sie nun mit der Jungenaufzucht beschäftigt sind. Eine gute Planung ist wichtig, damit es nicht zu Verzögerungen in den Bauabläufen kommt. Der BUND informiert daher insbesondere Planer und Bauherren, aber auch das ausführende Handwerk über sinnvolle Maßnahmen und gesetzliche Regelungen. Denn Nistplätze von Mauerseglern und Co. dürfen nicht beschädigt oder entfernt werden – so ist es im Bundesnaturschutzgesetz festgeschrieben. Auch über die Optik müssen sich Hausbesitzer keine Sorgen machen: Die Nistkästen und Fledermausquartiere können elegant in die Dämmung integriert werden. Von außen ist dann nur das winzige Einflugloch sichtbar. Kleine Maßnahmen mit großer Wirkung. In diesem Sinne: Auf gute Nachbarschaft!

Tonja Mannstedt

Cover: Artenschutz bei Gebäudesanierungen

Informationen zum Artenschutz am Gebäude und dem Einbau von Nisthilfen hat der BUND Niedersachsen in einem neuen Praxishandbuch zusammengestellt, das Sie kostenlos unter www.artenschutz-am-bau.de   bestellen oder herunterladen können.

Interview mit einem Experten für Nisthilfen - Kreativ im Klima- und Artenschutz

Dachdeckermeister Jörg Ewald (54) aus Hannover baut Nisthilfen für Vögel und Fledermäuse im Zuge von Gebäudesanierungen ein. Seine Erfahrung lehrt ihn, dass man Artenschutz am Gebäude und energetische Sanierungen hervorragend miteinander verbinden kann.

Wann benötigen Hausbesitzer die Hilfe eines Fachmanns?

Die meisten Vogelarten können am Gebäude ein Zuhause finden. Ab einer schwer erreichbaren Höhe setzen wir die Nisthilfen an der Wand, am Steildach oder an Schornsteinen. Oft stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen am Gebäude vorhanden sind und welche Tiere einziehen können.

Was muss man bei der Anbringung von Nisthilfen beachten?

Mauersegler ziehen Gebäudeaußenecken vor. Schwalben benötigen einen Dachüberstand von zirka 30 cm, Fledermäuse hingegen einen ruhigen, dunklen Raum, den sie am ehesten in Altbauten finden. Manche Bauteile bieten sich für eine Umnutzung an: Traufkästen und Ortgänge in Holzausbildung können für Mauersegler genutzt werden, Sommerquartiere für Fledermäuse hinter Schornsteinverkleidungen entstehen.

Aus alten Schornsteinen werden Nisthöhlen. Und wer sich Schwalben wünscht, sollte immer feuchtes Nistmaterial zur Verfügung stellen. Bei der Wohnungssuche muss man entsprechend kreativ vorgehen.

Mit welchen Kosten muss ein Hausbesitzer in etwa rechnen, wenn er Mauerseglern & Co. ein Zuhause bieten möchte?

Der Aufwand dafür ist völlig individuell. Je nach Einsatz auf dem Steildach, mit dem Hubwagen oder Gerüst. Meistens kommt es auf die Form, Erreichbarkeit und Höhe des Gebäudes an.

Das Interview führte Tonja Mannstedt.



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