Etwa im Zehnjahresrhythmus folgt eine Weservertiefung der nächsten, mittlerweile sind es zwölf an der Zahl. Immer wieder wurde durch die Hafenlobby der Untergang der Häfen an die Wand gemalt, sollte die neue Vertiefung nicht kommen. Die Auswirkungen auf die Natur sind gewaltig. Der Tidenhub steigt immer weiter an, die Flachwasserzonen verschwinden, die natürlichen Ufer brechen weg und die Salzfahne der Nordsee schiebt sich immer weiter flussauf. Dazu gefährden die stetig steigenden Hochwasserstände den Bruterfolg von Röhricht- und Wiesenvögeln an Weser und Wümme.
Seit 2005 wehrt sich der BUND nun schon gegen die neuerliche Weservertiefung von Bremen bis zur Nordsee. In vielen tausend Arbeitsstunden wurden hunderte Seiten Stellungnahmen und dutzende Presseerklärungen erarbeitet. Als dann nach drei Jahren Vorbereitung im August 2011 der mehr als 1.700 Seiten umfassende Planfeststellungsbeschluss vorgelegt wurde, blieben dem BUND gerade einmal vier Wochen, um gegen das ökologisch schädliche und ökonomisch unsinnige Projekt eine Klage einzureichen. Doch in einem gemeinschaftlichen Kraftakt der BUND-Landesverbände Bremen und Niedersachsen mit dem Rechtsanwalt Rüdiger Nebelsieck ist es tatsächlich gelungen, fristgerecht eine fundierte Klage einzureichen und im Oktober 2011 einen vorläufigen Baustopp zu erwirken.
In der Folgezeit wurden, sowohl von der beklagten Wasser- und Schifffahrtsverwaltung als auch vom BUND, weitere teils umfangreiche Gutachten, Expertisen und Anwaltsschreiben ergänzt. Im Mai 2012 fand dann eine Weser-Bereisung des federführenden Richters statt, die dem BUND die Möglichkeit gab, die akuten Schädigungen vorzuführen, welche die vorangegangene Weservertiefungen bereits ausgelöst hatten. Als vor kurzem nun die dreitägige mündliche Verhandlung vor dem siebten Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig stattfand, hat sich endgültig gezeigt, wie gut begründet die BUND-Klage war.
Der BUND konnte darlegen, warum die Auswirkungen auf die Hydrologie der Weser schwerwiegender ausfallen würden, als ursprünglich prognostiziert. Auch konnte nachgewiesen werden, dass europäische Vogelschutzgebiete erheblich betroffen wären, die Verschiebung der Brackwasserzone keineswegs irrelevant sei und dass an der Wümme erhebliche zusätzliche Schäden zu erwarten wären.
Sogar die vorgebliche wirtschaftliche Notwendigkeit der Weservertiefung konnte der BUND in wesentlichen Teilen erschüttern – kein Wunder, da doch die Häfen an der Weser boomen, obwohl die Weservertiefung schon seit vielen Jahren nicht über die Ankündigung hinausgekommen ist. Und nun ist auch noch der deutsche Tiefwasserhafen, der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven fertig. Längst ist also dargelegt, dass die Kassandrarufe der Hafenlobbyisten zur angeblichen Gefährdung Tausender von Arbeitsplätzen bei Ausbleiben der Weservertiefung an der Wirklichkeit völlig vorbei gehen.
Als das Bundesverwaltungsgericht seinen Beschluss am 11. Juli 2013 verkündete, gingen viele bereits davon aus, dass ein Meilenstein im Kampf gegen Flussvertiefungen gesetzt würde. Zwar hat der Senat formal das Verfahren lediglich ausgesetzt und zunächst dem Europäischen Gerichtshof vier grundlegende Fragen zum EU-Wasserrecht zur Entscheidung vorgelegt. Aber bis dahin wird es definitiv keine Weservertiefung geben und die Hürden für jede neue Flussvertiefung sind hoch gehängt worden. Auch die Bevölkerung hat einen großen Anteil an diesem Erfolg, die den BUND bei seinem Widerstand von Anfang an mit ungeahnt breitem Zuspruch und wertvollen Tipps und Informationen unterstützt hat. Die Entscheidung ist damit ein großer Etappensieg für die Bürgerinnen und Bürger und die Natur in Niedersachsen und Bremen. Der BUND wird auch weiterhin für den Schutz der sensiblen Flussökosysteme kämpfen.
Martin Rode
Weitere Informationen unter: www.bund-niedersachsen.de