„Bei der Energiewende die biologische Vielfalt nicht vergessen!“, so könnte das zentrale Fazit der BUND Jahresvertreterversammlung 2012 lauten. Bei dem Treffen am 9. Juni in Hannover haben sich die Delegierten des BUND Niedersachsen in drei Workshops intensiv mit den komplexen Fragen einer nachhaltigen Energiewende auseinander gesetzt. Dabei herrschte Einigkeit, dass der Atomausstieg zügiger realisiert und die Nutzung der fossilen Energieträger schnellstmöglich reduziert werden muss. Weitere Kohlekraftwerke in Niedersachsen, wie in Stade geplant, lehnt der BUND strikt ab.
Statt auf Technik von vorgestern zu setzen, fordert der BUND energischere Anstrengungen, den Verbrauch von Energie drastisch zu reduzieren – und zwar durch Einsparung und effizienteren Einsatz. Die Delegierten forderten den als Gastredner anwesenden Niedersächsischen Umweltminister Dr. Stefan Birkner auf, die Bemühungen der Landesregierung in diesem zentralen Handlungsfeld deutlich zu verstärken. Einig war man sich mit dem Minister darin, dass der Ausbau der regenerativen Energien intensiv voran gebracht werden muss.
Bei der Planung und Realisierung konkreter Anlagen, z. B. Biogasanlagen, Windenergieanlagen und auch dem unverzichtbaren Netzausbau, fordert der BUND allerdings die frühzeitige und umfassende Berücksichtigung der Biologischen Vielfalt und die Beteiligung der örtlichen Umwelt- und Naturschutzverbände sowie der betroffenen Bevölkerung. Die Energiewende ist ein wichtiger Baustein zur Sicherung der globalen Biologischen Vielfalt. Sie ist allerdings nur dann ganzheitlich nachhaltig, wenn auch die lokalen Auswirkungen der Anlagen auf die Biologische Vielfalt minimiert werden.
Beim Ausbau der Windenergie sieht der BUND in Niedersachsen enormes Potenzial im anstehenden Repowering, weil dabei auch frühere Fehlentscheidungen zum Bau von Anlagen an naturschutzfachlich ungeeigneten Standorten korrigiert werden können. Die Notwendigkeit, Windenergieanlagen nun auch im niedersächsischen Wald zu errichten, sieht der Landesverband auch deshalb nicht, weil auf Jahre hinaus noch ausreichend Flächen für neue Windparks im Offenland auf geeigneten Standorten verfügbar sind.
Auch das Thema Biogasanlagen und Biomassenutzung stand auf der Tagesordnung. Ergebnis des entsprechenden Workshops war, dass es gelingen muss, die „Vermaisung“ der Landschaft nicht nur zu stoppen, sondern wieder zu reduzieren. Um den Ausbau der Biogasproduktion dennoch zu erreichen, sollen insbesondere mehr Reststoffe, z. B. aus der Landschaftspflege, verwendet werden. Eine besondere Perspektive sieht der BUND auch darin, die Biomasse der Gründlandkulisse in Niedersachsen intensiver für die Biogasproduktion zu nutzen. Entsprechende Förderprogramme sollten dies künftig unterstützen. Außerdem ist es erforderlich, bereits bei der Planung von Biogasanlagen die Kraft-Wärme-Nutzung zu berücksichtigen oder die Einspeisung des Gases in regionale Gasnetze vorzusehen.
Bei allen Projekten aus dem Bereich der Regenerativen Energien fordert der BUND eine frühzeitige und umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Das gilt für die Planungs- und Zulassungsverfahren ebenso wie für die finanzielle Teilhabe an den Projekten, zum Beispiel in Form von Bürgersolaranlagen oder dem genossenschaftlichen Betrieb von Windparks. Mehr und ernsthafte Bürgerbeteiligung fordert der BUND auch beim Netzausbau, der durch Konzepte einer dezentraleren Energieversorgung insgesamt nicht so umfangreich ausfallen muss wie bisher geplant.
Die Versammlung schloss mit der Absichtserklärung, die Energiewende weiterhin aufmerksam zu begleiten und sich – wo erforderlich – zum Anwalt der Biologischen Vielfalt zu machen.