50 Jahre BUND in Niedersachsen – von der Wissenschaftler-Initiative zum politischen Umweltverband

Hätten die Gründerväter des BUND Niedersachsen im Juni 1961 geahnt, dass ein halbes Jahrhundert später leidenschaftlicher Einsatz für die Belange von Mensch, Natur und Umwelt nötiger ist als je zuvor? Den zweifellos erreichten vielen Erfolgen im Natur- und Umweltschutz stehen heute mindestens ebenso viele ungelöste Probleme gegenüber: Die naturschutzpolitischen Klassiker Landschaftszerstörung, Flächenverbrauch und Artenschwund sind ergänzt worden um neue und bedrohliche Probleme wie Gentechnik, Klimawandel und Atomenergie. 2011, im Jahr des niedersächsischen BUND-Jubiläums, hat die katastrophale Havarie im japanischen Atomkraftwerk Fukushima den jahrzehntelangen atomkritischen Kurs des BUND auf das Schlimmste bestätigt und dämpft die Freude über bereits Erreichtes.


Ihrer Zeit voraus waren Dr. Hans Heider, Prof. Dr. Konrad Buchwald und Prof. Dr. Ernst Preising, als sie 1961 im Haus der Jugend in Hannover den „Bund für Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen e.V.“, BfNuL, gründeten. Sie hatten inmitten der Euphorie der „Wirtschaftswunderzeit“ bereits erkannt, dass ein ungebremstes Wirtschaftswachstum nur um den Preis der Zerstörung von Natur und Umwelt zu haben war. Mit ihrem Verein BfNuL – der 1981 offiziell in BUND Landesverband Nieder­sachsen e.V. umbenannt wurde – wollten die Gründer den Natur- und Landschaftsschutz in Niedersachsen stärken und den Naturschutzgedanken in der Öffentlichkeit verbreiten. Unermüdlich wiesen die frühen Streiter des BUND auf die negativen Folgen von Industrialisierung, Landwirtschaft und Straßenbau hin und versuchten bereits – wo immer auch möglich – diese abzuwenden. Dies sollte vor allem in Zusammenarbeit mit Behörden und Politikern geschehen, mit Bildungs- und Vortragsarbeit, mit praktischem Einsatz vor Ort und nicht zuletzt mit der weiteren Erforschung der wissenschaftlichen Grundlagen des Naturschutzes.


Die Autoren: Heiner Baumgarten (links) ist seit 2009 Landesvorsitzender, Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler (rechts) ist seit 1989 Landesgeschäftsführer des BUND Niedersachsen.
Die Autoren: Heiner Baumgarten (links) ist seit 2009 Landesvorsitzender, Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler (rechts) ist seit 1989 Landesgeschäftsführer des BUND Niedersachsen.

Viele Themen aus der Anfangszeit haben den BUND bis heute begleitet, so natürlich der Natur- und Artenschutz. Die Artenvielfalt ist im 21. Jahrhundert auf ein beklagenswertes Niveau gesunken, Flächenverbrauch und industrielle Landwirtschaft haben Ausmaße angenommen, wie man es sich vor 50 Jahren wohl noch nicht vorstellen konnte. Auch der Schutz von Elbe, Weser und Ems vor Flussausbau und Industrialisierung zählt nach wie vor zu den Kernaufgaben des BUND Niedersachsen – hier sei der jahrzehntelange Kampf gegen immer weitere Flussvertiefungen und nicht zuletzt gegen das Ems-Sperrwerk in Gandersum erwähnt.


Vor allem in den achtziger Jahren hat sich das Spektrum der Themen des Verbandes drastisch erweitert. Mit Tschernobyl nahm das atomkritische Engagement des BUND richtig Fahrt auf, besonders in Niedersachsen, das mit der einst geplanten Wiederaufarbeitungsanlage sowie dem nun geplanten Atommüll­end- und -zwischenlager Gorleben besonders betroffen war und ist. Mit der langjährigen BUND-Streiterin Renate Backhaus aus Lüneburg hat der Widerstand gegen die Atomenergie ein weit über die Landesgrenzen hinaus prominentes „Gesicht“. Im gleichen Maße wie der BUND sich gegen Atomkraft engagiert, hat sich der Verband für den Ausbau der regenerativen Energien in Niedersachsen stark gemacht und fördert sie im Rahmen seiner Möglichkeiten – von der ersten Idee bis hin zur Realisierung vor Ort. Dabei ist den BUND-Akteuren durchaus bewusst, dass es immer wieder zu Konflikten zwischen Naturschutz und Klimaschutz kommt, etwa bei der Windenergie. Aber auch dieser Diskussion stellt sich der BUND. Ein weiteres Sorgenkind in Nie­dersachsen bleibt die intensive Landwirtschaft, die mit der Massentierhaltung und dem Einsatz von Gentechnik weiterhin hochproblematisch ist – die dringend nötige Agrarwende ist bisher nur ein Thema für zukunftsorientierte Landwirte.


Cover der Jubiläumsausgabe und des Jahresberichtes

Die Geschichte seiner Entstehung hat den BUND Niedersachsen ohne Frage entscheidend geprägt. Und doch ist der Verband mittlerweile ein anderer geworden: Der BUND Niedersachsen ist nicht nur viel größer, selbstbewusster und einflussreicher als in seinen Gründerjahren, sondern auch kritischer und streitbarer. Spätestens mit der Einführung der niedersächsischen Verbandsklage im Naturschutzrecht im Jahr 1993 geht der BUND auch juristisch gegen lokal- oder landespolitische Entscheidungen vor, wenn er damit großen Schaden von Natur und Umwelt abwenden kann. Nicht immer hat das zu den erhofften Erfolgen geführt, aber immer ist der BUND dabei seinen Zielen und Grundsätzen treu geblieben. Durch diese Haltung ist der Verband zu einem zwar unbequemen, aber ernst zu nehmenden und verlässlichen Partner für die Politik geworden.

Die gute Nachricht: Vieles von dem, was die BUND-Akteure einst forderten, ist heute Realität oder Standard. Ein mehr oder weniger dichtes Netz von Naturschutzgebieten überzieht Niedersachsen, europaweit ist es in das Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ eingebunden. In den Naturräumen Wattenmeer und Harz sind große Flächen als Nationalparke geschützt, die niedersächsische Elbtalaue ist als Biosphärenreservat ausgewiesen. Inmitten dieser einzigartigen Flusslandschaft betreibt der BUND mit Burg Lenzen ein Besucherinformationszentrum für das Biosphärenreservat sowie das „Europäische Zentrum für Auenökologie“ im BUND und bietet Gästen gerne Unterkunft.


In den niedersächsischen Nationalparken ist der BUND in sieben Nationalparkhäusern präsent. Mit dem Projekt Diepholzer Moorniederung nimmt der BUND im niedersächsischen Hochmoorschutz eine besondere Stellung ein. In der Abfallwirtschaft hat Vermeidung längst Vorrang vor Verwertung und Entsorgung – auch das eine langjährige Forderung des BUND. Mit dem Hof Wendbüdel beschreitet der BUND in der Grünlandbewirtschaftung und Energie­erzeugung neue Wege. Der Weg zu regenerativen Energien ist in Niedersachsen unumkehrbar beschritten. Und möglicherweise erleben wir im Jahr des BUND-Jubiläums sogar einen Kurswechsel in der niedersächsischen Atompolitik. Wenn die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke aufgegeben wird, das Atomkraftwerk Unterweser für immer vom Netz bleibt und Gorleben nicht mehr der einzig mögliche Standort für hochradioaktiven Müll in Deutschland ist, so ist auch das ein Ergebnis eines halben Jahrhunderts BUND in Niedersachsen.


Die Festschrift zum Jubiläum (PDF-Format, ca. 3,8 MB) sowie der Jahresbericht (PDF-Format, ca. 3,5 MB) können unter www.bund-niedersachsen.de als PDF-Dokumente heruntergeladen werden.




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