Tschernobyl macht noch immer krank - mehr als je zuvor - JANUN aktiv in der Tschernobyl-Zone

Foto: Pilzesammlerin
Vor allem Pilze sind seit der Reaktorkatastrophe in vielen Regionen stark radioaktiv belastet. Dennoch werden sie wie hier in Weißrussland von vielen Menschen gesammelt und verzehrt. Photo: Mads Eskesen

Regen prasselt an die Windschutzscheibe des Kleinbusses. Die Räder wühlen sich durch den Schlamm. Fast 20 Jahre nach dem Super-Gau fahren wir durch ein weißrussisches Dorf in der "radioaktiven Zone". Rund 200 Kilometer sind es noch von hier zum Tschernobylreaktor, der am 26. April 1986 im Norden der Ukraine explodierte. Eigentlich kommt mir hier alles ganz normal vor - kein Wunder, denn schließlich kann ich die Radioaktivität weder schmecken noch sehen. Aber jede Mahlzeit ist für die Menschen hier eine Katastrophe - sie nehmen rund neunzig Prozent der Radioaktivität über die Nahrung auf. Die kommt zum größten Teil aus dem eigenen Garten, aus dem Wald und aus dem Fluss. An den Kauf von sauberer Nahrung ist bei den geringen Löhnen nicht zu denken, und auch wegziehen können nur die Wenigsten.

Nahezu fünf Millionen Menschen teilen in Weißrussland, Russland und in der Ukraine das gleiche Schicksal - sie leben in der etwa 2.600 Quadratkilometer großen Tschernobyl-Zone. Über 500.000 Menschen wurden nach dem Super-Gau umgesiedelt, schätzungsweise 70.000 Menschen sind bisher an den Folgen des Reaktorunglücks gestorben. Viele der 800.000 Katastrophenhelfer, die 1986 aus der ganzen Sowjetunion in die Radioaktivität geschickt wurden, haben ihre Gesundheit verloren. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Der Höchststand der Erkrankungen wird erst um das Jahr 2020 erreicht sein.

In einer Dorfschule besuchen wir die Biologielehrerin, die seit fünf Monaten die unabhängige Strahlenmess- und -beratungstelle leitet. Die Kosten dafür übernimmt eine Schule aus Deutschland, die regelmäßig Spendenaktionen durchführt. Nur knapp 1300 Euro kostet das pro Jahr - dennoch gibt es in vielen Dörfern bis heute keine Messstelle für Radioaktivität.

Vor Ort sehen wir ein Messgerät für Nahrungsmittel, einen mobilen Geigerzähler, eine Waage sowie einige Listen und Fachliteratur. Außerdem ist da noch ein kleiner Stapel mit "Elternheften", die das "Unabhängige Minsker Institut für Strahlensicherheit" verfasst und gedruckt hat. Darin können die Eltern nachlesen, wie sie sich und vor allem ihre Kinder möglichst gut vor der Radioaktivität schützen können. Die Druckkosten für die Hefte wurden bei einem Solikonzert in einem deutschen Jugendzentrum eingespielt.

Die Lehrerin erklärt uns, dass den Menschen erst einmal wieder vor Augen geführt werden muss, dass die Strahlung immer noch immer allgegenwärtig ist - trotz der vielen Erkrankungen, unter denen vor allem die Kinder zu leiden haben: Schilddrüsenkrebs, aber auch Augenkrankheiten wie der Graue Star (in machen Orten ist jedes fünfte Kind betroffen), Herzrhythmusstörungen, ein Blutdruck von 160 (in stark verstrahlten Dörfern sind fast alle Kinder herzkrank), Entwicklungsstörungen, veränderte Organe oder das so genannte Tschernobyl-Aids, eine allgemeine Immunschwäche.

Aber die Lehrerin berichtet sehr motiviert über ihre Arbeit. "Erst mal haben wir Elternabende in der Schule veranstaltet. Dort haben wir erklärt, was die Messstelle soll und was die Menschen an Unterstützung erwarten können. Ich habe auch erklärt, wie einfach es teilweise ist, die Lebensmittel von der Radioaktivität zu "säubern". Zum Beispiel Milch: Werde die eigentliche Milch von einem Großteil des Wassers in der Milch getrennt,würden die Radionuklide zu 80 Prozent im Wasser zurückbleiben. Dann könne man die Sahne mit sauberem Wasser wieder "verlängern" und habe am Ende relativ saubere Milch. "Es gibt einige solcher Tipps, die viele aber nicht kennen.

Achim Riemann

Der vollständige Reisebericht ist zu lesen auf www.ostwestbruecke.de

Hinweis:
1283 Euro kostet es pro Jahr, eine Messstelle für Radioaktivität zu betreiben. In vielen verstrahlten Dörfern gibt es keine. Paten und Spender werden weiterhin von JANUN gesucht. Jeder Euro hilft. 24 Strahlenmessstellen hat JANUN schon einrichten können.

Nähere Infos und Möglichkeiten zur Unterstützung von Strahlenmessstellen gibt es bei
JANUN e.V. dem Jugendumweltnetzwerk, das von der BUNDjugend in Niedersachsen mit initiiert worden ist.
Tel. 0511/5909190, Fax 0511/59091919
email: buero@janun-hannover.de
web: www.ostwestbruecke.de



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