An den Gipskarstgebieten bei Osterode und bei Bad Sachsa wurde heftig gekratzt, obwohl sie der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) entsprechen. Hatte das Niedersächsische Umweltministerium im Januar 1999 noch eine Gebietsabgrenzung vorgeschlagen, die naturschutzfachlich begründet und weitgehend richtlinienkonform war, so hat der dann folgende Abstimmungsprozeß mit Behörden und Verbänden dazu geführt, dass die Vorschlagsgebiete in rechtlich unzulässiger Weise verkleinert wurden.
Es ist kein Zufall, dass die ursprünglich vom Umweltministerium vorgeschlagenen FFH-Gebiete um genau die Flächen reduziert wurden, an denen die Gipsindustrie ihr Abbauinteresse vehement signalisiert hat. So ist ein FFH-Vorschlag verblieben, dessen Gebietsabgrenzung an wirtschaftlichen Erwägungen orientiert quer durch in funktionalem Zusammenhang stehende Kernlebensräume gemäß FFH-RL verläuft.
Selbst Schluchtwälder, die als prioritäre Lebensräume nach der EU-Richtlinie einen besonderen Schutz genießen und in der Regel gemeldet werden müssen, fielen den Streichungen zum Opfer.
Im offiziellen behördlichen Schriftverkehr wurde dies unverhohlen zum Ausdruck gebracht: Die Bezirksregierung Braunschweig solle das Gipskarstgebiet bei Osterode verändern, um die anhängigen Abbauanträge der gipsabbauenden Industrie zu erleichtern. Gleichzeitig wird die Herausnahme der fraglichen Flächen als naturschutzfachlich nicht vertretbar bezeichnet.
Die Umweltverbände haben währenddessen versucht, Uberzeugungsarbeit für die Unterschutzstellung dieser einzigartigen Karstlandschaft zu leisten und stetig dafür appelliert, die Meldung richtlinientreu und vertragsgerecht vorzunehmen. Das bedeutet: Sie muss an naturschutzfachlichen und nicht an wirtschaftlichen Kriterien orientiert sein. Das Ergebnis ist enttäuschend, der längere Hebel saß offensichtlich auf anderer Seite. Bleibt die Frage, ob auch die EU-Kommission diesen FFH-Vorschlag akzeptieren, diese Kröte schlucken wird?
Vera Konermann