Gaumenfreuden zum Projektabschluß: Ein Vier-Gänge-Menü lockte am 26. Februar zahlreiche BUND-Mitglieder in das Gasthaus "Hubertus" in Melle-Westerhausen bei Osnabrück. Bei geräucherter Wiehengebirgsforelle, Kartoffelwaffeln mit Pilzragout, buntem Gemüse, Bio-Hähnchen und Hirsecreme zogen Joachim Lücht, Vorsitzender der BUND-Kreisgruppe Osnabrück, und Ernährungswissenschaftlerin Anke Perl Bilanz aus dem regionalen Modellprojekt "Umweltberatung in der Gastronomie". "Die Resonanz auf meine Beratung war erfreulich", erklärte Anke Perl im Rückblick auf ihre etwas mehr als zweijährige Arbeit als Umweltberaterin, "bei vielen Gastwirten ist wirklich etwas in Bewegung gekommen."
Anke Perl hat im Rahmen des BUND-Projektes, das vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), von den Landkreisen Emsland, Grafschaft Bentheim und Osnabrück und von der VerbraucherInitiative Osnabrück unterstützt wurde, insgesamt 79 Gaststätten, Restaurants, Cafes und Hotels unter die Lupe genommen. "Es war am Anfang gar nicht leicht, Betriebe zu finden, die zu einer Umweltberatung bereit waren", sagte Anke Perl. Mehrstündige Gespräche und eine sorgfältige Betriebsbesichtigung auch "hinter den Kulissen" schreckten eben doch so manchen Gastwirt ab. "Mein Beratungsbericht mit vielen Verbesserungsvorschlägen für den jeweiligen Betrieb hat am Ende dann doch die meisten von der Sache überzeugt", so Perl.
Einen 40-Punkte-Katalog mußte Anke Perl abfragen, bevor sie eine Öko-Bilanz für die Bereiche Wasser und Abwasser, Abfall, Energie und Lebensmittel erstellen konnte. "Noch immer gibt es zahlreiche Betriebe, in denen die Toilettenkästen keine Spar-Tasten haben", berichtete die Projektleiterin. Klein- und Portionsverpackungen etwa für Milch oder Brotaufstriche fielen bei Anke Perl durch, ebenso aufwendige verpackte Betthupferl, scharfe Reinigungs- und Desinfektionsmittel und Energiefresser aller Art. "Ein elektrischer Händetrockner auf dem Klo muß nicht sein."
Dabei könne ein Gasthof mit ökologischen Frischprodukten aus der Region eine ausgezeichnete Werbung für seine Küche machen, erklärte Anke Perl ihren ZuhörerInnen, die vom Essen im Festsaal des Hubertushofes begeistert waren - alle Zutaten des Menüs stammten aus ökologischem Anbau und aus dem Osnabrücker Raum.
Die Gastwirte Volker und Mareile Wiesehahn zählen zu den ersten, die Anke Perls kostenlose Beratung in Anspruch genommen haben. Mittlerweile hat sich im Hubertushof so manches verändert, auch wenn es vom Gast möglicherweise unbemerkt bleibt. "Seitdem wir zum Beispiel Korken und Papier getrennt sammeln oder in der Küche nur noch Großverpackungen verwenden, ist der Müll spürbar weniger geworden", sagt Mareile Wiesehahn. Einmal wöchentlich stehe ein ökologisches Gericht auf der Speisekarte des Hubertushofes, einmal im Monat sogar ein ganzes Buffet. "Unsere Gäste nehmen dieses Angebot sehr gut an", ist die Erfahrung der jungen Wirtin.
Soviel Offenheit für umwelttechnische und ökologische Verbesserungen im Betrieb sind in der Gastronomie noch immer die Ausnahme. "Wenn meine Beratung nicht kostenlos gewesen wäre, hätte sich wohl kaum ein Wirt bereit gefunden mitzumachen", mutmaßte die 34jährige Ernährungsexpertin. Ihr ehrgeiziger Plan, gastronomischen Betrieben ein anerkanntes "Öko"-Zertifikat zu verleihen, bleibt vorerst Zukunftsmusik. "Eine Zertifizierung der Betriebe kann es nicht - wie viele Gastronomen meinen - zum Nulltarif geben", sagte Perl. Schließlich handele es sich bei der Betriebsprüfung um eine qualifizierte und werbewirksame Dienstleistung. "Das rechnet sich doch auch für den Wirt."
Anke Perls ABM-Stelle bei der BUND-Kreisgruppe Osnabrück lief Ende des vergangenen Jahres aus - und damit auch das Projekt "Umweltberatung in der Gastronomie", für das zur Zeit keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stehen. Anke Perl ist dennoch überzeugt, daß es nicht weniger, sondern deutlich mehr Aufklärungsarbeit im Gastgewerbe geben muß. Und auch Kreisvorsitzender Joachim Lücht läßt keinen Zweifel daran aufkommen, daß der BUND gut daran getan habe, dieses Projekt zu fördern: "Wir haben gezeigt, daß Natur- und Umweltschutz auch einmal anders daherkommen kann, nämlich positiv und anregend." Und da sei es nur konsequent, es sich zum Abschluß richtig gut schmecken zu lassen.
Sabine Littkemann