Bereits im vergangenen Dezember legte der BUND Niedersachsen eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein: Die geplante Vertiefung der Unter- und Außenelbe verstößt nach unserer Auffassung gegen die EG-Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG), gegen die sogenannte Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL, 92/43/EWG) und gegen die Umweltverträglichkeitsprüfungs- Richtlinie(UVP-RL, 85/337/EWG).
Die geplanten Baumaßnahmen führen nach offiziellen Modellrechnungen vor allem durch prognostizierte Veränderungen des Wasserstandes zum Verlust von mindestens 50 Hektar wertvoller Biotopflächen in bestehenden Naturschutzgebieten, zum Beispiel Haseldorfer Binnenelbe und Heuckenlock. Einige der hier bedrohten Lebensraumtypen Ästuare, Röhrichte, Auwälder fallen unter die FFH-Richtlinie und müssen geschützt werden. Gleiches gilt für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, etwa für den Schierlings-Wasserfenchel, der weltweit nur ein einziges Vorkommen hat, nämlich im Bereich der Unterelbe. Die Länder haben für das Uberleben solch seltener Arten unmittelbar Sorge zu tragen.
Zu diesen Arten zählt auch die Finte ein Fisch, dessen Hauptlaichgebiet sich in der Außenelbe im Bereich einer geplanten Baggergut-Ablagerungsfläche befindet. Von den Baggerarbeiten werden außerdem Vogelarten betroffen sein, die durch die Europäische Vogelschutz-Richtlinie geschützt sind. Auch das deutsche Naturschutzrecht fordert im übrigen ausdrücklich den Schutz der durch die Wasserstandsänderungen gefährdeten Biotope an der Unterelbe.
Sowohl die Verträglichkeitsprüfung gemäß Art. 6 der FFH-Richtlinie als auch die Vorgaben des UVP-Gesetzes (Unterlagen gemäß § 6) sind aus unserer Sicht nur mangelhaft durchgeführt worden.
Besonders gravierend: Noch im laufenden Planfeststellungsverfahren, während des ersten Erörterungstermins im Dezember 1997, gaben die Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein grünes Licht für vorgezogenen Baggerarbeiten in der Elbrinne.
Sie sind nach Bundeswasserstraßen-Gesetz nur dann zulässig, wenn der frühere Zustand des Flusses wiederhergestellt werden kann. Im Fall Elbvertiefung werden jedoch mit den vorgezogenen Teilarbeiten vollendete Tatsachen geschaffen: Sie sollen auf über 75 Prozent der gesamten Ausbaustrecke erfolgen. Irreversible Schäden an Fauna und Flora sind programmiert. Von den vorgezogenen Bauarbeiten besonders betroffen ist das auf niedersächsischer Seite gelegene Vogelschutzgebiet "Niederelbe zwischen Stade und Otterndorf" ein Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung.
Dr. Marita WudtkeNaturschutz-Referentin des BUND LV Niedersachsen