Tourismus im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer- quo vadis?

Karikatur
Karikatur: Simon Dijkstra - Leiter der Inter-Regional Workgroup

Bald rollt sie wieder, die Reisewelle Richtung Norden. Hunderttausende von Menschensuchen jeden Sommer Erholung an Niedersachsens Küsten. Besonders beliebt sind die ostfriesischen Inseln, die trotz begrenztem Raum noch immer steigende Besucherzahlen zu verzeichnen haben. Der Konflikt mit dem Naturschutz ist vorprogrammiert: Fortschreitende Landschaftszerstörung, die Zunahme des Individualverkehrs und massive Beeinträchtigungen der Tierwelt sind der Preis für den ungebremsten Tourismus. Uilke van der Meer, Leiter des BUND-Nationalparkhauses in Dornumersiel, nimmt Stellung zu den Ausmaßen und Perspektiven des Insel- und Küstentourismus.

Der Tourismus boomt

In der ostfriesischen Küstenregion ist eine Abkehr vom Massentourismus trotz der Errichtung des Nationalparks "Niedersächsisches Wattenmeer" nicht in Sicht. Noch immer sind Großprojekte im Bau und in der Planung: für Norderney beispielsweise ein zweiter Fähranleger und in der Krummhörn bei Greetsiel eine sieben Hektar große und 50 Millionen Mark teure Ferienanlage. Auch bei der Zahl der Ubernachtungen und Gästebetten setzt die Tourismusbranche nach wie vor auf eine Angebots- und Umsatzsteigerung: In der Samtgemeinde Dornum plant man beispielsweise die zur Zeit registrierte Bettenbelegung von 550.000 jährlich auf gut 800.000 in den kommenden Jahren zu erhöhen. Für Dornum würde dies eine Steigerungsrate von etwa 700 Prozent gegenüber 1980 bedeuten!

Ähnliche Entwicklungen haben viele Gemeinden an der ostfriesischen Küste zu verzeichnen, mit der Folge, daß auch der Straßenverkehr drastisch zugenommen hat. Uber neunzig Prozent der Gäste reisen mit dem eigenen PKW an, und mit 800.000 Autotransporten jährlich zwischen den ostfriesischen Inseln und dem Festland hat das Verkehrsaufkommen Werte erreicht, die nicht mehr recht zum Bild der sogenannten "autofreien Inseln" passen wollen.

Nationalpark: Ein lästiges Ubel?
Durch diese Zuwachsraten und den damit verbundenen Ausbau der touristischen Infrastruktur greift das Fremdenverkehrsgewerbe massiv in die Schutzziele des Nationalparkes ein. Seit der Gründung des Nationalparks 1986 haben führende Tourismusvertreter immer wieder versucht, die dringend erforderlichen naturschutzfachlichen Konzepte für den Nationalpark auf dem politischen Wege zu verhindern, mit Erfolg:

Bis heute existiert kein offizielles, umfassendes Schutz- und Entwicklungskonzept für das niedersächsische Wattenmeer. Dünen, Watt und Meer sind aber nicht nur für den Naturschutz unverzichtbar, sondern gleichzeitig die Wirtschaftsgrundlage des Fremdenverkehrs. Um so unverständlicher ist es, daß deren Vertreter an dem Erhalt dieser Natur wenig interessiert scheinen - naturverträgliche touristische Projekte sind Mangelware, die Gesprächsbereitschaft in puncto Naturschutz geht bei Kommunen und Fremdenverkehrsverbänden gegen Null.

Ein Nationalparkprogramm muß her


Trotz dieser ernüchternden Ausgangssituation darf das Bemühen um einen Dialog nicht nachlassen. Das Verhältnis von Naturschutz und Tourismus im Nationalpark Wattenmeer muß im Rahmen eines noch zu schreibenden Nationalparkprogramms neu bestimmt werden, mit der Beteiligung aller Betroffenen. In diesem Programm müssen klare Zielvorstellungen für den Naturschutz und die dazu erforderlichen Entwicklungsmaßnahmen formuliert werden. Die Kommunen könnten eigene Vorstellungen und Programmentwürfe einbringen - im Gegenzug müßten die Zielsetzungen des Programms schließlich Eingang finden in kommunale Pläne und Tourismuskonzepte. Fast zwangsläufig würden sich dann die Gemeinden an naturverträglicheren und ressourcenschonenderen Formen des Küstentourismus orientieren. Am Ende wäre das Etikett "Nationalpark" nicht nur gut für die Tier- und Pflanzenwelt im Wattenmeer, sondern auch ein Markenzeichen für den Fremdenverkehr an Ostfrieslands Küsten.

Kontakt:
Uilke van der Meer
Nationalparkhaus Dornumersiel
Oll Deep 7
26553 Dornumersiel
Tel u. Fax: 04933/1565

Literatur:
BUND-Dokumente 8: Möglichkeiten und Grenzen für den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, Fachtagung in Wilhelmshaven 23-25. Oktober 1996
Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer,
zu beziehen über die:

Nationalparkverwaltung Niedersächsisches WattenmeerVirchowstr. 126382 Wilhelmshaven Tel. 04421/911-0



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