Pfennigfuchserei statt ökologischer Energiepolitik

Foto: AKW Stade
Deutschlands zweitältester Atomreaktor bleibt am Netz: Umweltminister Wolfgang Jüttner genehmigte im Januar den Weiterbetrieb des AKW Stade mit neuen Brennelementen. Foto: Peter Paulsen

Renate Backhaus

Die neue Bundesregierung hat ihre Arbeit begonnen und seitdem purzeln beim Thema Energiepolitik die Zahlen nur so durch die Medien:

1.
Im Gesetzentwurf zur Energiesteuer werden eine Erhöhung der Mineralölsteuer für Benzin und Diesel um 6 Pfennig pro Liter vorgeschlagen, für Heizöl um 4 Pfennig pro Liter und für Erdgas um 0,32 Pfennig pro Kilowattstunde, aber... es soll ermäßigte Sätze für das produzierende Gewerbe geben.

2.
Eine Stromsteuer soll eingeführt werden in Höhe von 2 Pfennig pro Kilowattstunde, aber... es soll einen ermäßigten Satz für Nachtspeicheröfen (!) geben.

3.
Der Bundeswirtschaftsminister stellt einen "Zukunftspfennig" zur Debatte, den er ausgerechnet für Braunkohle (aber auch für Kraft-Wärme-Kopplung) einsetzen will.
Und wenn der Wirtschaftsminister sich äußert, ist derzeit der Umweltminister nicht weit und schlägt eine Steuer auf atomare Brennelemente vor. Wer soll das noch verstehen?

Ergänzt wird diese "Pfennigfuchserei" durch negative Schlagzeilen über einen angeblich rechtlich nicht möglichen Ausstieg aus der Wiederaufarbeitung (WAA), durch die derzeit vom Koalitionskrach geprägte Ausbremsung der Novellierung des Atomgesetzes und den Ärger bei der Neubesetzung der Beratergremien des Umweltministeriums zu Fragen der Atompolitik.

Es ist sicher schon schwer genug, eine neue, eine ökologische Energiepolitik, die auch Veränderungen bei uns VerbraucherInnen mit sich bringen wird, in die Köpfe (und die Herzen) der Menschen zu bringen.
Aber je mehr "Pfennigfuchserei", je mehr Ausnahmen und Sonderregelungen, um so leichter werden es die Hardliner und Beharrungskräfte in Industrie und Wirtschaft, aber auch in der Politik haben, an alten Rezepten festzuhalten.
Statt einer ökologischen Energiepolitik aus einem Guß wird es dann eine Stromsteuer hier und einen Zukunftspfennig da geben. Frei nach dem Motto: Wir wollen nicht alles anders, aber vieles besser machen.

Eine Klarstellung scheint notwendig, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Für den Landesverband ist der Sofortausstieg aus der Atomenergie der erste, zwingend notwendige Schritt in eine zukunftsfähige Energiepolitik. Die Atomenergie ist unbeherrschbar, ihre Risiken sind nicht zu verantworten. Es gibt bis heute kein geeignetes Endlager, um die atomare Erblast sicher zu bewältigen. Atomenergie ist kein Beitrag zur Lösung der weltweiten Energieprobleme.

Der Pflicht zum Ausstieg will die Atomlobby in Politik und Wirtschaft durch sogenannte Konsensgespräche entgehen. In diesen Tagen wird über einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke (AKW) bis zum Jahre 2020 spekuliert, während den AtomkraftgegnerInnen das "Angebot" gemacht wird, in dieser Legislaturperiode 1 - 2 AKWs stillzulegen.

Dieser sich abzeichnende Deal mit der Atomwirtschaft ist kein Ausstieg, sondern kommt lediglich dem endgültigen Verzicht auf einen Neubau gleich: Fast alle derzeit aktiven AKWs würden so ihre geplante Laufzeit von 40 Jahren erreichen. So läuft der Reaktor in Obrigheim seit 1968, das AKW Phillipsburg 1 seit 1969 und das AKW Unterweser seit 1978. Selbst das jüngste AKW Neckarwestheim ist seit 1988 in Betrieb. Längst abgeschriebene AKWs sollen als Gelddruckmaschinen für die Betreiber am Netz bleiben. Ein solcher "Konsens" ist mit dem BUND nicht möglich.

Passend zu diesen Konsensgesprächen hat die Industrie ein Gutachten vorgelegt - darin wird mit ungeheuren Mengen von Kohlendioxid gedroht, die bei einem Ausstieg anfielen. Von tausenden von Arbeitsplätzen ist die Rede, die beim Ausstieg verloren gingen.

Der BUND weiß um diese Fragen, der BUND hat Lösungsvorschläge, aber wir lassen uns nicht davon abbringen:

Es gibt gute Gründe für den Sofortausstieg, es kann nicht sein, daß erst ein Unfall mit einer Kernschmelze den Ausstieg aus der Atomenergie erzwingt.

Frei nach Robert Spaemann:
Die Erde darf den Kommenden nicht als Atommüllplatz übergeben werden. Die späteren Generationen müssen die Möglichkeit haben, unsere Spuren entweder zu beseitigen oder das, was wir ihnen hinterließen, wiederum zu transferieren in das, was ihnen gut erscheint.



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