"Umweltschutz ist mittelfristig die wichtigste Aufgabe für unsere Gesellschaft", das sagten im Frühjahr 1997 mehr als 80 % aller Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Wie sieht es aber aus, wenn aus dem für notwendig erachteten Umweltschutz eine Maßnahme vor der eigenen Haustür wird? Wie sieht es weiter aus, wenn für diesen Umweltschutz tief in die eigene Tasche gegriffen werden muß? Die Zahl derer, die dann noch dabei sind, nimmt rapide ab.
Anders ist das für mittlerweile über 120 Wolfsburger Bürgerinnen und Bürger, die 1993 ihre erste Windkraftanlage aufgestellt haben direkt vor ihrer Haustür und mit ihrem Geld.
Die Anstoß dazu kam von der BUND-Kreisgruppe Wolfsburg. In Zusammenarbeit mit der Industriediakonie wurde 1991 ein eigener Verein gegründet: "Windkraft Wolfsburg e.V." Erklärtes Ziel des Vereins war es von Anfang an, ohne Aussicht auf Profite die regionale Windenergienutzung zu fördern und im Raum Wolfsburg möglichst viele Windkraftanlagen aufzustellen.
Mit einem Anteil von 5.000 Mark konnte sich jede Wolfsburger Familie das schöne Gefühl erkaufen, daß ihre elektrische Energie (ca. 3.500 Kilowattstunden pro Jahr) umweltfreundlich erzeugt wird. Im Oktober 1996 wurde die Ein-Millionste Kilowattstunde "geerntet". Damit hat die Nordex-Anlage (Nennleistung 150 Kilowatt) 1.000 Tonnen CO2 eingespart oder anders ausgedrückt 3,3 Kilogramm Atommüll vermieden.
Im Juni 1997 konnte der Verein die letzte Rate des Bankkredites zurückzahlen.
Dies war deshalb möglich, weil es für diese Anlage knapp 50 Prozent Zuschüsse gab, die Beteiligten auf ihre Gewinnausschüttung verzichteten und alle Arbeiten (außer einem Steuerberater) ehrenamtlich, also unentgeltlich durchgeführt werden.
Auch jetzt sollen die Gewinne nicht einkassiert werden, sondern direkt in den Bau einer zweiten Anlage fließen, für die es nun keinen Pfennig öffentlicher Gelder mehr gibt. Die Wolfsburger Windfreunde sind trotzdem zuversichtlich, daß sie die finanzielle Last tragen können. Doch dafür ist es unbedingt notwendig, daß die Einspeisevergütung auch weiterhin bei mindestens 17 Pfennig pro erzeugter Kilowattstunde bleibt. Trotz der entmutigenden Diskussionen um das Energiewirtschaftsgesetz und um das damit verbundene Stromeinspeisungsgesetz sind die meisten Wolfsburger Windfreunde dem Projekt treu geblieben.
Bis der Bau der zweiten Anlage in greifbare Nähe rücken konnte, gab es einige Hindernisse zu überwinden. Eine Bauvoranfrage Anfang 1996 für die neue Windanlage auf Wolfsburger Gebiet wurde mit dem Hinweis abgelehnt, daß bis Ende 1998 keine Genehmigen erteilt würden.
Es müsse zunächst ein Gutachten über die Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen im Zweckverband Großraum Braunschweig abgewartet werden. Das Gutachten liegt zwar inzwischen vor trotzdem waren die Wolfsburger gezwungen, für den Bau der zweiten Anlage, die noch in diesem Jahr fertiggestellt werden soll, auf Helmstedter Gebiet auszuweichen.
Nach einer fast einjährigen Auseinandersetzung mit dem Helmstedter Bauamt wurde im November 1997 endlich die Baugenehmigung für die Anlage, die unmittelbar an der Stadtgrenze zu Wolfsburg liegt, erteilt.
Um das finanzielle Risiko in Grenzen zu halten, aber auch aus optischen Gründen hat sich der Verein dieses Mal für eine Nordex N 29 (250 Kilowatt) entschieden. Zeitgleich wird von einem Landwirt aus Almke in 250 Meter Entfernung eine weitere N 29 errichtet. Die Fundamente beider Anlagen sind schon fertiggestellt. Wenn alles gut geht und das Wetter mitspielt, wird Ende Januar 1998 die Stromproduktion starten.
Dann stehen über 650 Kilowatt installierte Leistung zur Verfügung und es werden rund 1.000.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr produziert. Das reicht statistisch gesehen aus, um über 300 normale oder fast 1.000 ökologische Haushalte mit elektrischer Energie zu versorgen.
Klaus Meier
Klaus Meier, 48, ist Vorstandsmitglied der BUND-Kreisgruppe Wolfsburg, arbeitet im Arbeitskreis Energie beim Landesverbandes Niedersachsen mit und ist Geschäftsführer und Gesellschafter der Windkraft GmbH Wolfsburg. Außerdem betreibt er privat eine 1,5 kw-Photovoltaik-Anlage.
Es besteht übrigens auch bei der neuen Anlage die Möglichkeit, sich mit einer Einlage ab 5.000 DM zu beteiligen
Interessenten mögen sich bitte bei
Klaus Meier,
38446 Wolfsburg,
Tel. 05363/4471,
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