Kräuterheu aus der Dummeniederung

Wußten Sie, daß in den bunten Mähwiesen naturnaher Kulturlandschaften bis zu 400 Tierarten und über 40 Pflanzenarten vorkommen ?
Wußten Sie, daß auf den intensiv bewirtschafteten Grünlandflächen dagegen selten mehr als 10 Pflanzenarten wachsen und kaum noch Tiere Lebensraum finden ?

Foto: Trecker

In unseren Wiesen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten dramatische Veränderungen vollzogen. Allein in Niedersachsen gingen durch Umbruch in Acker, durch Aufforstung und Nutzungsaufgabe innerhalb von nur 20 Jahren über 2 500 qkm Mähwiesen verloren. Entwässerung, Drainage und Flurbereinigung engten zusätzlich die ehemals breite Palette blütenreicher Wiesengesellschaften ein, und eine intensive Landnutzung auf dem verbliebenen Grünland führte zu einer rapiden Artenverarmung dieser ehemals so reichhaltigen Ökosysteme.

Zusammenhängende Feuchtwiesenareale, die sich für die Gewinnung kräuterreichen Heus eignen, sind daher auf nur wenige noch naturnah verbliebene Landschaften beschränkt.

Foto: Blüten

Im Tal des Flüßchens Dumme

Die abgeschiedene Lage im östlichen Zipfel Niedersachsens, hohe Grundwasserstände und ein extremer Splitterbesitz verschonten die Niederung der Dumme von der üblichen Entwicklung unserer Kulturlandschaft. Wie eh und je kennzeichnet hier noch heute das Farbspiel der Wiesen den Wechsel der Jahreszeiten. Dem Weiß und Gelb von Wiesenschaumkraut und Sumpfdotterblumen im zeitigen Frühjahr folgt die rosarote Blütenpracht von Kuckuckslichtnelken, Schlangenknöterich und Knabenkräutern. Im Hochsommer beherrschen Margeriten das Bild der Mähwiesen.

Angrenzende Seggenrieder und Hochstaudenfluren vielfach aus unbewirtschaftetem Grünland entstanden schaffen zusammen mit Bruchwäldern und Quellsümpfen ein abwechslungsreiches Mosaik unterschiedlicher Lebensräume. In diesem Gefüge ist die Blütenvielfalt der Wiesen keineswegs nur Augenweide, sondern sie hat einen hohen Stellenwert im System komplizierter Nahrungsketten und Stoffkreisläufe.

Alte Idee im neuen Gewand


Dorfbewohner erinnern sich noch, daß die Bauerl um die Jahrhundertwende Heu aus den Niederungen der Dumme an die Reitergarnison der nahegelegenen Stadt Salzwedel verkauften. Heu aus der DummeNiederung als Futter für Pferde hat also Tradition.
Als im Heumonat Juli die ganze Niederung nach dem unbeschreiblich würzigen Heu der Blumenwiesen duftete, wurde vor einigen Jahren die Idee zur Vermarktung an Pferdehalter wiedergeboren. Zu den ersten Abnehmern gehörte auch der Zoo Hannover, der das Heu speziell für empfindliche Paarhufer benötigte.

Warum Kräuterheu ?


Im Vergleich zum artenarmen Heu intensiv genutzter Wiesen enthält das Heu der Dumme-Niederung durchschnittlich 40 Kräuter. Besonders wertvoll ist neben der Artenvielfalt die seit altersher bekannte Heilwirkung vieler Blütenpflanzen. Analysen der Tierärztlichen Hochschule Hannover bestätigen einen günstigen Kalkgehalt, Proteinarmut sowie optimale Rohfaseranteile und wichtige Spurenelemente wie Magnesium und Mangan. Diese Stoffe sind unerläßlicher Nahrungsbestandteil für Pferde und im Intensivgrünland Mangelfaktor. Die Anfälligkeit für Schimmelpilze ist aufgrund später Mahdtermine, guter Trocknung und des vergleichsweise niedrigen Wassergehalts in den Pflanzenzellen deutlich geringer, so daß Lagerstabilität garantiert werden kann. Besonders günstig wirkt sich deshalb die Heufütterung bei Pferden aus, die unter Allergien, Husten und Asthma leiden. So lassen sich durch eine gesunde Ernährung Tierarztkosten sparen.

Foto: Schmetterling

"KRÄUTER-INTENSIVWIESE"

Wissenschaftliche Untersuchungen


Das auf traditioneller Mähnutzung basierende Schutzprojekt wird derzeit durch ein wissenschaftliches Forschungsprogramm begleitet. Neben vegetationskundlichen Untersuchungen, um geeignete Mähwiesen auszuwählen und fortlaufend zu kontrollieren, wird in besonderer Weise tierökologischen Fragestellungen nachgegangen. Unter anderem soll der Mahdeinfluß auf die Bestände einzelner Tiergruppen (Schmetterlinge, Heuschrecken, Vögel, Amphibien) näher analysiert werden. Weiterhin wird geprüft, auf welche Weise und in welchem Zeitraum brachliegende oder verarmte Grünländereien wieder in kräuterreiche Mähwiesen umgewandelt werden können.

Heuvermarktung ist aktiver Feuchtwiesenschutz


Kräuterreiche Wiesen sind von jeher das Ergebnis traditioneller Nutzung durch Landwirte. Allein durch den Wandel in der Wirtschaftsweise, die nur Produktionssteigerung zum Ziel hat, scheinen Feuchtwiesen heute nicht mehr konkurrenzfähig zu sein. Doch nicht Masse, sondern Klasse bestimmt wieder zunehmend den Qualitätsanspruch von Heuabnehmern. Dabei ist selbstverständlich, daß eine sorgfältige Heugewinnung bei weit geringerem Ertrag aufgrund extensiver Nutzung höhere Verkaufspreise erfordert. Der Kunde trägt zusätzlich direkt zum Erhalt dieser Feuchtwiesenlandschaft bei.

Foto: Schimmel

Fakten zum Projekt Dummeniederung


Lage: Wendland im Ostzipfel Niedersachsens. Entfernungen: Berlin = 220 km; Hannover = 140 km; Hamburg = 120 km. Größe: ca. 3 500 ha Niederungsflächen, davon mehr als 1 000 ha Feuchtwiesen.
Lebensräume: Sumpfdotterblumen-, Kohldistel- und Pfeifengraswiesen, Klein- und Hochstaudenfluren, Bruch- und Auwälder, Bachläufe, Rundlingsdörfer.
Typische Tiere und Pflanzen: Kuckuckslichtnelke, Wiesenschaumkraut, Knöllchen-Steinbrech, Klappertopf, Schlangenknöterich, Bachnelkenwurz, Schachblume; Weißstorch, Kranich, Schlagschwirl, Beutelmeise, Neuntöter, Braunkehlchen; Laubfrosch, Ringelnatter; 31 Tagfalterarten.


Fotos:
Filoda (Köhler, Beilke, Neuschulz)



  • Direkt zur Online-Spende, Foto: eyewire / fotolia.com
  • Direkt zum Online-Antrag, Foto: eyewire / fotolia.com
  • Folge uns auf facebook
  • Newsletter abonnieren

Die Wildkatze braucht Mäuse...

Jetzt BUND-Mitglied werden

Das Miteinander von Menschen und Bienen – werden Sie jetzt BUND-Mitglied und erhalten Sie für kurze Zeit den Bestseller-Roman als Dankeschön!

Jetzt Mitglied werden!

Beobachtungstipp

Jahresbericht 2016

Agrarbündnis Niedersachsen

aktion-moorschutz.de/

Give me Moor!

Suche