20. Oktober 2015
Wichtiger Schritt zur Sicherung des niedersächsischen Naturerbes - NABU, BUND und Greenpeace begrüßen Programm zur Natürlichen Waldentwicklung
Gemeinsame Presseerklärung BUND Landesverband Niedersachsen, Greenpeace Deutschland, NABU Landesverband Niedersachsen
Hannover. Wertvolle alte Eichen- und Buchenwaldbestände sind Juwelen des niedersächsischen Naturerbes. BUND, NABU und Greenpeace begrüßen daher die Vorstellung des Programms Natürliche Waldentwicklung (NWE) und den Start des Internet-Portals zum Ziel der natürlichen Waldentwicklung auf zehn Prozent der Landeswaldfläche sehr. Ausgangspunkt ist die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ der Bundesregierung, die eine natürliche Waldentwicklung ohne Holzeinschläge auf fünf Prozent der Gesamtwaldfläche vorsieht. „Wir brauchen auch Flächen im Wald, wo Natur Natur sein darf und die Motorsäge draußen bleibt“, betonte Gesche Jürgens von Greenpeace Deutschland.
Das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium haben heute die 27.800 Hektar Landeswaldflächen vorgestellt, die bereits aus der forstlichen Nutzung genommen sind oder genommen werden sollen. 5.800 Hektar fehlen noch, um das Zehn-Prozent-Ziel zu erreichen. Bürger, Kommunen und Verbände sind nun eingeladen, bis zum 18. Dezember Vorschläge zu machen, welche Flächen für Artenvielfalt und Naturerleben gesichert werdensollen, um die Lücke zu füllen.
Dr. Holger Buschmann, NABU-Landesvorsitzender Niedersachsen, erklärte dazu: „Die Landesregierung hat mit dieser Zwischenbilanz wichtige Grundlagen geschaffen, um den Waldnaturschutz auf eine fachlich sinnvolle Basis zu stellen. Nun muss in den kommenden Monaten die Flächenkulisse des Programms noch so weit ergänzt werden, dass die damit verknüpften Naturschutzziele erreicht und die wertvollsten alten Laubwälder erhalten werden."
Nach Auffassung der Naturschutzverbände sind die bisher ausgewählten Flächen räumlich noch nicht so verteilt, dass sie ein funktionierendes Verbundnetz ergeben. Außerdem sind naturnahe Laubwälder gegenüber den Fichtenwäldern des Harzes bisher unterrepräsentiert.
Zudem sind viele der ausgewählten Flächen sehr klein und sollten zusammengelegt werden, weil erst ab 20 Hektar Größe eine echte natürliche Waldentwicklung möglich ist. Ganz besonders aber fehlen derzeit noch Wildnisgebiete in Buchenwäldern, wie sie die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ vorsieht und die eine Mindestgröße von 1.000 Hektar haben müssen.
Für unbedingt erforderlich halten die Naturschutzorganisationen deshalb die Entwicklung eines repräsentativen, funktionalen NWE-Verbundnetzes aus einem kleinen Anteil vonTrittstein-Flächen (bis 20 Hektar), Naturwäldern (ab 20 Hektar)und Wildniszellen als Bestandteil eines bundesweiten Naturwaldverbundes (ab 100 Hektar). Wichtig ist den Naturschutzverbänden die Auswahl und Sicherung von mindestens zwei Wildnisgebieten mit jeweils mindestens 1.000 Hektar in den alten Buchenwäldern des Sollings und Süntels als Leuchtturmgebiete.
„Es ist vorbildlich, dass die Landesregierung sich klar zum Ziel bekennt, mehr biologische Vielfalt und Wildnis in den niedersächsischen Wäldern zuzulassen und dass sie hierzu Transparenz schafft und eine öffentliche Diskussion zur ergänzenden Flächenauswahl ermöglicht“, sagte Georg Wilhelm, Sprecher des Arbeitskreises Wald des BUND Niedersachsen. Vergessen werden dürfe darüber allerdings nicht, den naturnahen Waldbau auf den weiter bewirtschafteten Flächen, der für einen erfolgreichen Waldnaturschutz auch künftig unverzichtbar bleibt, konsequent voran zu treiben. Die Naturschutzverbände appellieren an die anderen öffentlichen Waldbesitzer, insbesondere an den Bund, die Kommunen und Stiftungen, ebenfalls zehn Prozent ihrer Flächen einzubringen. Erste Kommunen, wie Hannover, Göttingen und Uelzen, gehen bereits mit gutem Beispiel voran.
Rückfragen:
Dr. Carsten Böhm (NABU), Tel. 0178-927 8653
Georg Wilhelm (BUND), Tel. 0160-9199 3550 (nur heute)
Gesche Jürgens (Greenpeace), Tel. 0171-878 7833
Hintergrund:
Zwei Jahre nachdem Forstminister Meyer die Resultate zur Erhebung der aktuellen Flächenbilanz zum bundesweiten Ziel der natürlichen Waldentwicklung auf 5 Prozent der Gesamtwaldfläche bzw. 10 Prozent des öffentlichen Waldes vorgestellt hat, startet die Landesregierung nun eine Information zum Stand der Umsetzung und ein öffentliches Beteiligungsverfahren zur Vervollständigung des Projekts.
In diesem Rahmen haben die Niedersächsischen Landesforsten (NLF), die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) und der Landesbetrieb für Naturschutz (NLWKN) Landeswald-Flächen identifiziert, die aus ihrer Sicht für das sogenannte NWE5-Ziel zur 'Natürlichen Waldentwicklung' geeignet sind. Diese werden nun Niedersachsens Bürgerinnen und Bürgern mit dem Start des Internet-Portals vorgestellt.
Inhalt der „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ ist auch die Entwicklung von Wildnisgebieten unter anderem in Buchenwäldern, die gemäß den "Vilmer Eckpunkten" des Bundesamtes für Naturschutz jeweils mindestens 1.000 Hektar Größe haben müssen.
Literatur:
BMU, 2007: Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt. https://www.bfn.de/0304_biodivstrategie-nationale.html
BfN, 2014: Vilmer Eckpunkte zu Wildnisgebieten in Deutschland, http://biodiv.de/fileadmin/user_upload/PDF/Projekte/Vilmer_Eckpunkte_zu_Wildnisgebieten_in_Deutschland_20141030.pdf
Henke, T.; von Oheimb, G.; Härdtle, W.; Kaiser, T.; Scherfose, V. (Bonn, 2014): Schutz von Buchenwäldern in einem System von Naturwäldern. BfN-Skripten Nr. 380, 137 Seiten, als Ergebnis des F + E- Vorhabens FKZ 3508 82 1300 ISBN 978-3-89624-115-3
Wildmann, S., Engel, F. , Meyer, P., Spellmann, H. , Schultze, J., Gärtner, S., Reif, A. (2014):
Wälder mit natürlicher Entwicklung in Deutschland, AFZ- Der Wald 2/2014, www.nw-fva.de/nwe5/downloads/AFZ-2014-02_28-30.pdf