22. Oktober 2009

Ganz Niedersachsen als Modellkommune - BürgerInnenbeteiligung nicht erwünscht! - Nachteile für Natur und Landschaft sind vorprogrammmiert

Niedersächsisches Gesetz zur landesweiten Umsetzung der mit dem Modellkommunen-Gesetz erprobten Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume (NEKHG)

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/1497


Auf ihrem gestrigen Treffen haben sich die anerkannten Niedersächsischen Naturschutzverbände wie die Landesverbände von Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landessportfischerverband (LSFV), Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU), Naturschutzbund Deutschland (NABU) sowie die Aktion Fischotterschutz, die Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (BSH), der Naturschutzverband Niedersachsen e.V. (NVN) und dem Niedersächsischen Heimatbund (NHB) gegen die Umsetzung des Gesetzentwurfs des NEKHG ausgesprochen. Im Bereich der Verbandbeteiligung würden damit weit reichende negative Veränderungen für alle Naturschutzverbände in Niedersachsen festgeschrieben werden.


Die im Gesetzentwurf hinsichtlich der Verbandsbeteiligung vorgesehenen Änderungen stehen einer sonst vielfach betonten Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements direkt entgegen. Diese Schwächung der ehrenamtlichen Aktivitäten kann allein durch "Sonntagsreden" und Anstecknadeln nicht aufgewogen werden, betonten die Naturschutzverbände.


Die Schädigung der effektiven Schutzinstrumente für Natur und Landschaft wird durch das Gesetzesvorhaben erheblich sein. So ist eine Beteiligung nur bei Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) geplant, darüber hinaus ist eine Halbierung der Beteiligungsfristen vorgesehen. Es besteht auch die Gefahr, dass Vorhaben entsprechend der sog. Scheibchentaktik in nicht-UVP-pflichtige Verfahren aufgeteilt werden, um eine Beteiligung zu umgehen. Die jetzt vorgesehene Streichung z. Zt. geltender Beteiligungsrechte führt erneut zu Misstrauen, da interessierte Bürgerinnen und Bürger aktiv von Planungen in ihrem direkten Umfeld ausgeschlossen werden. Dazu zählen z.B. Bauvorhaben in Landschaftsschutzgebieten, Zerstörung geschützter Biotope, Bodenabbau unter 10 ha sowie die Errichtung von Mobilfunkmasten.


Eine Verfahrensbeschleunigung wurde durch verschiedene freiwillige Vereinbarungen der Verbände, wie z.B. der Rahmenvereinbarung mit dem Niedersächsischem Umweltministerium und den Kommunalen Spitzenverbänden vor 10 Jahren, bereits erwirkt. Diese Regelungen haben sich bewährt. Sollte der Gesetzesvorschlag wie vorgelegt umgesetzt werden, wird es von Seiten der Ehrenamtlichen nur die Möglichkeit von Anträgen nach dem Niedersächsischen Umweltinformationsgesetz an die Kommunen geben, um über geplante Vorhaben, deren Auswirkungen und geplante Kompensationen Auskunft zu erhalten. Damit kann von einer beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung, Verringerung des Verwaltungsaufwandes und Entlastung der Kommunen als Begründung dieser Gesetzesänderung nicht die Rede sein.


Da weiterhin Träger öffentlicher Belange an den Verfahren zu einer entsprechenden, für eine fundierte Sach- und Fachentscheidung erforderlichen Fristen beteiligt werden, führt eine Verringerung der Fristen bei den Naturschutzverbänden nicht zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer. Es ist jedoch mit einer Verschlechterung des Informationsstandes über die betroffenen Flächen zu rechnen, ebenso wie eine stärkere Belastung der Naturschutzbehörden.


Der Abschlußbericht zur ca. drei Jahre konstatiert den Naturschutzverbänden ein

"umfangreiches Detailwissen welches sich die unteren Naturschutzbehörden und Träger öffentlicher Belange nicht in dem Maße aneignen können ...". Insbesondere dann, wenn wie die Naturschutzverbände befürchten, eine weitere Schwächung der Natur- und Umweltschutzbelange in Planungen durch Stellenabbau bei den zuständigen Naturschutzbehörden angestrebt wird.


Der vorliegende Gesetzesentwurf ist eine inhaltlichen Beschneidung von Beteiligungsrechten und eine Herabsetzung des so häufig gelobten ehrenamtlichen Engagements. Dies sehen die Verbände als völlig inakzeptabel an. Schnelle Entscheidungen, die mittel- oder langfristig zu einer Verschlechterung der Umweltstandards führen, dürfen nicht als positive Entwicklung des kommunalen Handlungsspielraums bewertet werden und ohne weiteres Hinterfragen übernommen werden. Vorhandene natürliche Ressourcen, Artenvielfalt und Schönheit des Landschaftsbildes lassen sich schwer in wirtschaftliche Zahlen fassen, sind jedoch für das Leben der Bürgerinnen und Bürger von entscheidender Bedeutung.


Pressemitteilung als Download (PDF-Format, ca. 101 KB)




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