19. Januar 2011
BUND: Lindemann braucht starkes Durchsetzungsvermögen und wachsames Auge für die Umwelt
Heute wird erneut ein niedersächsischer Landwirtschaftsminister vereidigt, Gert Lindemann (CDU) tritt die Nachfolge von Astrid Grotelüschen an. Der BUND Landesverband Niedersachsen e.V. nimmt dies zum Anlass, ihm alles Gute für diese verantwortungsvolle Position zu wünschen und vor allem – nicht nur im Dioxin-Skandal – ein gutes Durchsetzungsvermögen im Interesse aller Verbraucher, der niedersächsischen Bevölkerung sowie Natur und Umwelt in unserem Land.
Der aktuelle Skandal und der damit verbundene Imageverlust für Niedersachsen als „Agrarland Nummer 1“ haben einmal mehr gezeigt, welche Risiken die Massentierhaltung und die Verflechtungen in der industrialisierten Landwirtschaft mit sich bringen, die auch durch staatliche Kontrollen kaum einzudämmen sind. Unter dem Konkurrenzdruck der industriellen Massentierhaltung setzen immer weniger Eier- und Fleischproduzenten selbst erzeugtes Futter ein, obwohl sich auf diese Weise Gefahren entscheidend verringern ließen. Den Schaden haben nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Umwelt, die unter den Emissionen der Massentierhaltungsanlagen leidet.
Thema Landwirtschaft
- Der BUND erwartet von Gert Lindemann, dass er sich für eine umweltschonende und tiergerechte Landwirtschaft einsetzt. Der aktuelle Skandal zeigt mehr als deutlich, dass eine Neuorientierung in der Agrarpolitik nötig ist. Niedersachsen hat auf Bundes- und EU-Ebene ein gewichtiges Wort bei der Neuorientierung der EU-Agrarpolitik mitzureden. Der BUND fordert Gert Lindemann auf, sich dafür einzusetzen, dass die Agrarförderung ab 2013 für die Belange umweltgerechter Landwirtschaft eingesetzt wird: Alle neuen Förderprogramme müssen verstärkt dem Klimaschutz, dem Gewässer- und Grundwasserschutz, dem Erhalt der Biodiversität und dem Erhalt der vielfältigen Kulturlandschaft sowie der bäuerlichen Landwirtschaft dienen¹.
- Insbesondere der ökologische Landbau braucht mehr Unterstützung. Biobauern füllen diese Aufgaben für Umwelt und Natur bereits. Der ökologische Landbau zeichnet sich zudem durch überwiegend regionale und betriebliche Kreislaufwirtschaft aus. Die Verbraucher können Bio-Produkten vertrauen, da sie durch die Bio-Richtlinien noch einmal zusätzlich kontrolliert werden – auch die Bio-Futtermittelbetriebe. Zudem sollte mehr Geld bereitgestellt werden für die Umstellung von Betrieben auf ökologischen Landbau und für die Forschung, um diesen Anbau – speziell in der Tierzucht – weiterzuentwickeln.
- Gert Lindemann muss sich in Niedersachsen dafür einsetzen, dass die Massentierhaltung nicht ausgeweitet wird. Denn Gewässer und Luft in Niedersachsen sind schon stark belastet. Die Qualität unserer Gewässer ist laut Wasserrahmenrichtlinie zu 59 Prozent schlecht. Zudem sollten nach EU- und Bundesvorgaben die Ammoniak-Emissionen schon bis 2010 deutlich gesenkt werden, doch der Grenzwert (550 kt) wird auch in Niedersachsen nach wie vor deutlich überschritten (610 kt).
- Minister Lindemann sollte den Landwirten in Niedersachsen klar machen, dass Hühnchenmast kein geeignetes, zweites Standbein für ihr Einkommen ist. Denn neue Mastställe produzieren vorwiegend für den Export und unterliegen starken ökonomischen Zwängen zur ständigen Kostensenkung. Die Gewinnmargen in Deutschland sind schon heute so klein, das sich die Produktion nur rechnet, wenn Teile der Tiere mithilfe von Subventionen in fernen Ländern abgesetzt werden.
Thema Gentechnik
Nicht nur die Mehrzahl der Verbraucher lehnt Gentechnik ab, sondern auch viele Bauern, Lebensmittelverarbeiter und Händler. Der BUND mahnt den neuen Minister, diese Ablehnung sehr ernst zu nehmen. Eine Koexistenz von gentechnisch veränderten Produkten neben nicht veränderten Produkten funktioniert – wie die Erfahrung zeigt – nicht. Daher setzt sich der BUND für gentechnikfreie Regionen und ein gentechnikfreies Niedersachsen ein.
Thema Artenschutz
Wer den Artenschutz in Niedersachsen stärken will, muss sich auch des Themas „intensive Landwirtschaft“ annehmen: Da insbesondere die industrialisierte Landwirtschaft für den Verlust vieler Arten verantwortlich ist, muss Lindemann in die Offensive gehen und sich dafür einsetzen, 10 Prozent Vorrangflächen für den Naturschutz umzusetzen.
Thema Wald
Der neue Minister übernimmt mit seinem Amt auch die Verantwortung für die Zukunft der niedersächsischen Wälder. Hier wartet eine ebenso anspruchsvolle Aufgabe auf den Minister wie im Bereich Landwirtschaft, denn auch beim Thema Wald gilt es, das Wirtschaften im Landeswald und auf den privaten Flächen an die Herausforderungen von NATURA 2000 und des drohenden Klimawandels auszurichten.
„Der BUND Niedersachsen möchte bei all diesen Themen konstruktiv mit Gert Lindemann zusammenarbeiten, wie wir es aus früheren Zeiten schon kennen“, sagt Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, Landesgeschäftsführer des BUND Niedersachsen. „Wir stehen jederzeit für einen Dialog mit dem Minister bereit. Wir wünschen ihm viel Erfolg beim Schutz der Verbraucher und unserer Umwelt.“
- Der Begriff "bäuerlich" beschreibt dabei nicht die Betriebsgröße, sondern die Art und Weise, wie auf den Höfen gewirtschaftet und gedacht wird: Ausrichtung am Erhalt des Hofes und des qualifizierten, vielfältigen Arbeitsplatzes, Denken in Generationen, Einbindung in Dorf und Region, Wirtschaften in verflochtenen und sich ergänzenden möglichst hofnahen Kreisläufen, Verantwortung für Mensch, Natur und Tier.
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