23. November 2016

Dezentral läuft ́s besser – für Bürger, Energiewende und Naturschutz! - Mit dezentraler, flexibler Energienutzung auch in Bürgerhand den Stromnetzausbau minimieren

Gemeinsame Erklärung des Landesverband Niedersachsen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. und des Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink

Hannover. Der BUND Landesverband Niedersachsen und der Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink erklären gemeinsam, dass die dezentrale Energiewende in Niedersachsen stärker vorangebracht werden muss. Damit kann der geplante Stromnetzausbau deutlich reduziert werden, große Nord-Süd-HGÜ-Verbindungen sind vermeidbar.

Der zentral festgelegte Stromnetzausbau ist überdimensioniert!

Der geplante Stromnetzausbau dient nicht allein den erneuerbaren Energien, sondern ist wesentlich durch den inflexiblen Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken verursacht. Niedersachsen ist kein Netzengpassgebiet. Es sind die bestehenden Atom- und Kohlekraftwerke, die den Transport von Windund Solarstrom blockieren. Die Stromnetzplanung ist überzogen, fehlerhaft, unzureichend begründet und intransparent. Die großen HGÜ-Leitungen dienen zentral festgelegten Plänen zum Ausbau der Offshore-Windenergie und dem transeuropäischen Stromtransport von Kohle- und Atomstrom. Die Bundesregierung weigert sich, dezentrale Konzepte insbesondere auch in der Netzplanung umzusetzen.

Der Protest gegen Freileitungen hat bewirkt, dass bei einigen Leitungen die Erdverkabelung nun gesetzlichen Vorrang hat. Aber auch Erdkabel haben erhebliche Auswirkungen auf Natur, Boden, Wald und Grundwasser. Dies gilt v.a. für Moorböden in Norddeutschland. Anstelle der Frage nach Freileitung oder Erdkabel ist zuerst immer die Frage nach der Notwendigkeit eines Vorhabens zu stellen.

Die Alternativen lauten: Energieeinsparung, dezentrale und flexible Kraft-Wärme-Kopplung und Verbindung von Strom- und Gasnetzen. Mit der Wandlung von Strom in Wasserstoff / Methan („Power-to-Gas“) kann Energie dezentral gesammelt, als Gas transportiert und dezentral wieder in Strom gewandelt werden. Dieses Konzept bietet die erforderliche Langzeitspeicherung in Verbindung mit höherer Versorgungssicherheit und dient dem Naturschutz. Bestehende (Erd-) Gasleitungen können 5-10mal so viel Energie transportieren wie die geplanten HGÜ-Leitungen. Die Energie kann überall, in KWK-Anlagen in Industrie und im Wohnungsbau genutzt werden - bei HGÜ-Leitungen handelt es sich lediglich um Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, derzeit ohne Einspeisungs- und Abzweigmöglichkeiten.

Der BUND Niedersachsen und die Bürgerinitiativen gegen SuedLink setzen sich für ein Gesamtenergiekonzept ein, das Versorgungssicherheit mit effizienter Nutzung von 100 % erneuerbaren Energien verbindet und nicht am Stromhandel zugunsten von Übertragungsnetzbetreibern und Großkonzernen orientiert ist. Wir fordern den Stopp des Planungsverfahrens für SuedLink und eine grundlegende Neuerstellung der Stromnetzplanung! Dezentrale Energiekonzepte sowie Ausbau, bessere Regelung und Erdverkabelung der regionalen Verteilnetze müssen Vorrang haben! Dann wird SuedLink nicht benötigt.

Die Bundesregierung bremst die Energiewende aus!

Mit der Reform des Strommarktes, dem EEG 2017, werden Obergrenzen für den Ausbau erneuerbarer Energien vorgegeben. Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung und die Eigenstromnutzung aus PV und KWK werden erschwert. Kleine Stromverbraucher müssen Umlagen zahlen, von denen Großkraftwerke und Industrie entlastet werden. Alte Kohlekraftwerke werden alimentiert statt Klimaschutzabgaben zahlen zu müssen. Bürgerenergiegesellschaften werden durch Ausschreibungen von der Energiewende ausgegrenzt. Während Netzbetreibern eine Eigenkapitalrendite von derzeit über 9 % zugesichert wird, werden Anbieter von Alternativen zum Netzausbau durch Einspartechnik, KWK und dezentrale Nutzung erneuerbarer Energien wirtschaftlich diskriminiert. Die Bundesregierung will Niedersachsen zum Netzengpass erklären und den Ausbau von KWK und erneuerbaren Energien in Niedersachsen bremsen. Das muss verhindert werden!

Vorrang für dezentrale Energiekonzepte in Bürgerhand

Der Widerspruch zwischen einer zentral ausgerichteten Energiepolitik der Bundesregierung im Interesse der Großkonzerne und einer dezentralen Energiewende in den Händen der Bürgerinnen und Bürger wird immer offensichtlicher. Die Ziele der niedersächsischen Energie- und Klimaschutzpolitik sind in Gefahr! Wenn die Bundesregierung bremst, muss nun die Niedersächsische Landesregierung vorangehen, um die Ziele des Runden Tisches Energiewende Niedersachsen zu erreichen – Stromeinsparung, Strom- und Wärmeerzeugung in KWK vor Ort, Ausbau der erneuerbaren Energien.

Der BUND Niedersachsen und die Bürgerinitiativen gegen SuedLink fordern daher konkrete Schritte in Niedersachsen für dezentrale Energiekonzepte, bei denen Energieeinsparung und regionale Erzeugung von Strom aus Wind- und Sonnenenergie, Biomasse und Kraft-Wärme-Kopplung eine hohe  Versorgungssicherheit mit Flexibilität und hoher Effizienz bieten.

  • Jeder geplanten Stromleitung ist ein dezentrales Alternativkonzept zur 100%igen Versorgung aus erneuerbaren Energien gemeinsam mit Städten und Landkreisen gegenüberzustellen und durch das Land Niedersachsen zu unterstützen. Regionalnetze können für Strom und Gas erdverlegt ausgebaut werden.
  • Der Vorrang für Energieeinsparung und Energieeffizienz muss auf Stadt- und Kreisebene durch Energieagenturen unterstützt werden. Auf Landesebene muss es eine zentrale Beratungsstelle für alle Energienutzer zur Information über Förderprogramme geben.
  • Die Stromerzeugung aus Windenergie und Photovoltaik ist gemäß Rundem Tisch Energiewende Niedersachsen in enger Zusammenarbeit mit Kommunen und Landkreisen natur- und sozialverträglich auszubauen. Speicherung von elektrischer Energie ist im Sinne von Power-to-X-Technologien zu forcieren.

Die dezentrale und flexible Kraft-Wärme-Kopplung auf Basis von Erdgas/Power-to-Gas dient dem Ausgleich für zeitlich schwankende Wind- und Solarenergie und bringt die Energiewende auch im Sinne der Wärmenutzung – insbesondere in den Städten – voran.
Der BUND versteht sich z.B. über seinen Arbeitskreis Energie als Netzwerkpartner, der sich landesweit für bessere Rahmenbedingungen im KWK-Bereich einsetzt.

  • Regionale Strommodelle und Stromkonzepte für Mieterinnen und Mieter sind zu erstellen und bei Eignung umzusetzen. Ebenso sind Stadt-Land Energieausgleichskonzepte technisch, wirtschaftlich und sozialverträglich zu erarbeiten und zu realisieren.
  • Einige Kommunen und Stadtwerke in Niedersachsen zeigen, dass diese Ziele konkret erreicht werden können. Beispielhaft sei hier das Energiedorf Jühnde genannt. Ihr Beispiel und ihre Erfahrungen müssen in Niedersachsen vervielfältigt werden. Zahlreiche Lieferanten der Energiewende (Mittelstand und Handwerk) warten auf Aufträge.

Wir wollen in Niedersachsen zeigen, dass Energiewende anders geht als das zentral ausgerichtete Konzept der Bundesregierung und der Großkonzerne – dezentral, effizienter, demokratischer, kostengünstiger, sozialer. Die beiden niedersächsischen Ministerien für Umwelt, Energie und Klimaschutz sowie für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sind aufgefordert, diejenigen zu unterstützen, die zeigen wollen, dass Energiewende ohne überzogenen Netzausbau machbar ist.

Unterzeichner:
Landesverband Niedersachsen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Heiner Baumgarten (Vorsitzender) und Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler (Geschäftsführer)

Bundesverband der Bürgerinitiativen gegen SuedLink
Guntram Ziepel (Vorsitzender), Siegfried Lemke (Sprecher Niedersachsen) und Maria Quanz
(Koordinatorin)

Die Unterzeichner vereinbaren eine Zusammenarbeit, um z.B. durch gemeinsame Fachveranstaltungen Beiträge zur Entwicklung und Umsetzung eines Gesamt-Energieentwicklungsplans zu erstellen, mit u.a. den Themenbereichen Strom- und Wärmeeinsparung, Kraft-Wärme-Kopplung, natur- und umweltverträglicher Ausbau der Windenergie unter Einbeziehung regionaler Interessen, Speichertechniken / Power-to-Gas etc.

Siehe zum Thema die Stellungnahmen des BUND und der BBgS zum Stromnetzausbau:
www.bund.net/stromnetze
http://bundesverband-gegen-suedlink.de/ 

Erklärung zum Download (PDF-Format, ca. 110 KB)




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