5. Juli 2005

BUND fürchtet neue Atomkraftwerke

Landesvorsitzende Renate Backhaus: Die Kernkraftpolitik wird derzeit völlig neu diskutiert

Weser Kurier Interview mit Renate Backhaus am Montag, d. 06.06.2005

Die CDU will die Restlaufzeiten von Atomkraftwerken verlängern, die FDP in Niedersachsen spricht sogar schon vom Bau neuer Kernkraftwerke. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) warnt dagegen vor den Gefahren und der ungelösten Entsorgungsfrage. Mit der niedersächsischen BUND-Landesvorsitzenden Renate Backhaus sprach unser Korrespondent Peter Mlodoch.

Frage:

Frau Backhaus, die CDU und FDP sowohl im Bund als auch im Land scheinen im Falle des Wahlsiegs in Berlin eine Renaissance der Atomkraft einläuten zu wollen. Blüht Deutschland eine strahlende Zukunft?

Renate Backhaus:

Die Atompolitik wird derzeit völlig neu diskutiert. Es liegt an uns, an den Wählerinnen und Wählern, ob aus diesen Uberlegungen dann tatsächlich Realität wird. Im Moment gibt es eine begrenzte Laufzeit der Atomkraftwerke, diese wird über die Strommenge reduziert.

In dieser Beziehung hat die rot-grüne Bundesregierung viel verbessert, selbst wenn es aus Sicht des BUND einiges zu kritisieren gibt - etwa, dass das Verfahren für eine Endlagersuche noch immer nicht geregelt ist. Was jetzt unter einer neuen Bundesregierung kommen wird, da müssen wir erst einmal abwarten.

Frage:

Aber Union und Liberale haben sich doch schon dafür ausgesprochen, die Restlaufzeiten der AKW zu verlängern.

Renate Backhaus

Das stimmt. Angela Merkel und andere CDU-Politiker, aber auch FDP-Politiker haben erklärt, die Laufzeiten von derzeit 32 auf zunächst mal 40 Jahre auszuweiten. Und wenn das Tor für diese gefährliche Energieversorgung hier schon wieder weiter aufgemacht wird, besteht die Gefahr, dass es die Laufzeit noch länger wird. Und letztlich auch die Gefahr eines Neubaus von Atomkraftwerken.

Frage:

Dessen Befürworter argumentieren mit dem Klimaschutz. Von AKW gingen im Gegensatz zu herkömmlichen Kraftwerken keine schädlichen Kohlendioxidgase aus.

Renate Backhaus:

Das ist eine völlig irreführende Argumentation. Die Bevölkerung wird in unverantwortlicher Weise getäuscht. Abgesehen davon, dass durch Uran-Abbau sowie Transport und Herstellung von Brennelementen ebenfalls klimaschädliche Emissionen entstehen, haben wir zwei Riesenprobleme zu lösen. Das eine ist der Klimawandel, und das andere ist, dass wir die vorhandenen und noch entstehenden Berge von Atommüll sicher verbringen müssen. Es ist einfach nicht zulässig, zwischen zwei großen Ubeln für die kommenden Generationen auf dieser Welt wählen zu müssen. Das ist unmoralisch.

Frage:

Was kann man dann aber für den Klimaschutz tun?

Renate Backhaus:

Wir müssen weltweit denken. Wir brauchen eine Energieversorgung, die nachhaltig ist, die zukunftsfähig ist, die fehlerfreundlich ist. Und die nicht unseren Kindern Müllberge hinterlässt oder den Klimawandel vorantreibt. Dieser dritte Weg beginnt mit Energiesparen, geht weiter über Energieeffizienz und setzt sich fort mit erneuerbaren Energien. Nur so können unsere Kinder auf dieser schönen Welt weiter leben.

Frage:

Nun sagt die niedersächsische CDU/FDP-Landesregierung, die Entsorgungsfrage könne man lösen, wenn man schnell den Schacht Konrad bei Salzgitter als Endlager für schwach radioaktiven Müll in Betrieb nimmt und den Salzstock Gorleben weiter auf seine Eignung erkundet.

Renate Backhaus:

Auch das ist fahrlässig und unverantwortlich. Als man Ende der 70-er Jahre Gorleben ausgesucht hat, hat man keine Kriterien festgelegt, nach denen man eigentlich ein Endlager sucht. Gorleben lag am Ende der Welt - in einem dünn besiedelten Landkreis an der ehemaligen Grenze zur DDR.

Die Bevölkerung konnte keinen Einfluss nehmen. Was ein Endlager beispielsweise an Sicherheit bieten muss, ist damals überhaupt nicht untersucht worden. Die spannende Frage, welches Medium, also welche geologische Formation, etwa Salz oder Granit, das richtige ist, um die gefährliche Strahlung für eine unendlich lange Zeit von der Biosphäre abzuschirmen, wurde gar nicht geprüft. Es gab nie vergleichende Untersuchungen darüber. Es gibt eine ganze Menge unbeantworteter Fragen.Gorleben ist aus rein politischen Gründen ausgewählt worden.

Frage:

Gilt das auch für Schacht Konrad?

Renate Backhaus:

Bei Schacht Konrad hat man gedacht, dass das alte Erzbergwerk für schwach und mittel radioaktiven Abfall schon geeignet sei. Aber auch hier sind etliche Fragen ungeklärt. Ich kann absolut nicht nachvollziehen, dass Union und FDP sich jetzt einzig auf Gorleben und Schacht Konrad zurückziehen und Niedersachsen damit zum Atomklo der Nation machen wollen.

Frage:

Hätte Konrad nicht den Vorteil, dass man einen Großteil des Mülls schon mal entsorgen könnte? Wäre eine Aufteilung des Abfalls nicht sinnvoll?

Renate Backhaus:

Bevor man mit zwei Endlagern arbeiten will, muss man doch erst klären, wie das in Zukunft gesichert und überwacht werden soll. Welche Kosten kommen da auf uns zu? Das verdoppelt sich doch alles. Wieso soll es sinnvoll sein, mit zwei Endlagern an zwei verschiedenen Orten gleich zwei auf Millionen Jahre strahlende Gefahrenherde zu schaffen




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