11. August 2009

Zweifelhaftes Jubiläum: 25 Jahre AKW Grohnde - Wulff und E.On feiern 210 Pannen!

Ein zweifelhaftes Jubiläum feiert der Niedersächsische Ministerpräsident Christian Wullf zusammen mit dem Atomkonzern E.On am 12. August: 25 Jahre Atomkraftwerk Grohnde.

Denn seit der Inbetriebnahme des Reaktors am 31. August 1984 ereigneten sich mindestens 210 Pannen. Eine kleine Auswahl aus den letzten fünf Jahren: Leckagen im Kühlsystem, Ausfall von Pumpen, Fehler des Notstromdiesels, defekte Bauteile, Austritt von Wasserdampf und Risse an Brennelementen.


"210 Pannen in 25 Jahren, das sind 8,4 Pannen pro Jahr. Damit liegt Grohnde im Vergleich mit anderen AKWs in Deutschland auf Platz 8 im trügerischen Mittelfeld der Pannenstatistik. Je älter ein Reaktor wird, desto störanfälliger wird er, das Risiko eines schwerwiegenden Störfalls für die Bürgerinnen und Bürger in der Umgebung des Meilers steigt" betont Renate Backhaus, Atompolitische Sprecherin des BUND Niedersachsen und Mitglied des Landesvorstandes.


Dass E.On immer wieder mit ernsthaften Problemen zu kämpfen hat, belegen die aktuellen Probleme mit den so genannten Sumpfsieben; ihre Verstopfung kann bisher nicht zuverlässig verhindert werden. Durch diese vermeintlich kleine Ursache wird allerdings die Kühlung des Reaktorkerns behindert. Im schlimmsten Fall droht eine Überhitzung des Meilers.


Das Bundesumweltministerium hat in einer Weisung Anfang Juli verlangt, diese Probleme umgehend zu beheben und einen Sicherheitsnachweis zu erbringen. Kann der Nachweis nicht erbracht werden, muss das AKW vorläufig stillgelegt werden. Das Ergebnis der Prüfung steht noch aus.


Der BUND fordert die Landesregierung auf, auch und gerade zum Jubiläum die Augen vor den Risiken der Atomkraft nicht zu verschließen. Nach dem Atomkonsens soll Grohnde 2017 abgeschaltet werden. "Dies ist", so Renate Backhaus "wirklich der spätmöglichste Zeitpunkt. Ein Kraftwerk, das nicht mehr sicher ist, muss zum Schutz der Bevölkerung ggf. auch sofort vom Netz genommen werden. Da dürfen die wirtschaftlichen Interessen der Betreiber auf keinen Fall vor die Sicherheit der Menschen gestellt werden!".


Zu einer etwas kritischeren Jubiläumsveranstaltung lädt die BUND-Kreisgruppe Hameln Interessierte am 12.08.2009 um 19:30 Uhr ins Natur- und Umweltschutzzentrum Hameln ein (Berliner Platz 4).

 


Hintergrundinformationen zum AKW Grohnde und eine Auswahl der Störfälle in den letzten 25 Jahren

Das Kernkraftwerk Grohnde hat einen Kraftwerksblock:

Betreiber: Grohnde (KWG)

Reaktortyp: Druckwasserreaktor

Nettoleistung: 1360 MW

Bruttoleistung: 1430 MW

Baubeginn: 01.06.1976

Kommerzieller Betrieb: 01.02.1985

Abschaltung: 2017


Es wird von der Gemeinschaftskernkraftwerk Grohnde GmbH & Co. oHG betrieben.

Beteiligte Gesellschafter sind die E.ON Kernkraft GmbH zu 83,3 % und die Stadtwerke Bielefeld zu 16,7 %.


Chronologie der Störfälle im AKW Grohnde in den letzten 5 Jahren:

  • 22. Juli 2004
    Reaktorschnellabschaltung durch Ausfall der Hauptspeisewasserpumpen.
  • 9. März 2005
    Notstromdiesel startete bei Überprüfung nicht rechtzeitig.
  • 15. März 2005
    Technische Probleme mit einer Zwischenkühlwasserpumpe.
  • Mai 2005
    Beim Abfahren zur Revision der Anlage kommt es zum Austritt von Wasserdampf über die Sicherheitsventile des nicht nuklearen Dampf- und Wasserkreislaufs. Bei der Revision tauchen eine defekte Nachkühlpumpe, Haarrisse an zwei Steuerstäben und Funktionsstörung einer Baugruppe im Reaktorschutzsystem auf.
  • 11. Juli 2005
    Reaktorschnellabschaltung durch ein Leck nimmt das Speisewasser zu den Dampferzeugern ab.
  • 24. Juli 2005
    Reaktorschnellabschaltung durch eine Störung in der Turbinenregelung.
  • 11. September 2007
    Störung in einer Begrenzungseinrichtung durch eine defekte elektronische Baugruppe.
  • 18. Dezember 2007
    Regelventil eines Notspeisestranges defekt.
  • 14. Januar 2008
    Falsches Signal im Reaktorschutzsystem durch defekte Baugruppe.
  • 09. April 2008
    Defekter Spannungsregler an einem Notstromdiesel.
  • 21. Mai 2008
    Ausfall einer elektronischen Baugruppe im Reaktorschutzsystem.
  • 01. Juli 2008
    Defekt an einer Nachkühlpumpe.
  • 20. Juli 2008
    Ausfall einer elektronischen Baugruppe im Reaktorschutzsystem.
  • 31. Oktober 2008
    Abschaltung von Aggregaten zur Kaltwasserversorgung.
  • 12. März 2009
    Fehlerhafte Steuerelemente angeliefert.
  • 16. März 2009
    Falsches Signal im Reaktorschutzsystem durch defekte Baugruppe.
  • 10. Mai 2009
    Erneut defekte Baugruppe im Reaktorschutzsystem, was zur automatischen Betätigung einiger Pumpen und Armaturen führte.
  • 25. Mai 2009
    Ausfall eines Messumformers im Frischdampfsystem durch ein defektes Bauteil.

Weitere Informationen auch hier: http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/akw-grohnde.html


Weitere Gefahrenquellen:

Anfang 2006 wurde in Grohnde ein Zwischenlager für bis zu 100 Behälter mit abgebrannten Kernbrennelementen in Betrieb genommen.

Dem Bundesamt für Strahlenschutz liegt derzeit nach Angaben seines Sprechers ein Antrag vor, vermutlich noch 2009 acht neue MOX-Brennelemente (unbestrahlt allerdings mit hohem Plutoniumanteil) aus Sellafield nach Grohnde zu bringen. Übungen der Cuxhavener Polizei und Feuerwehr Mitte Juli deuten darauf hin, dass die gefährliche Fracht auf dem Seeweg, quer durch das neue Weltnaturerbe Wattenmeer, verschifft werden soll. Von dort aus per Bahn oder LKW quer durch Niedersachsen bis nach Grohnde.




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