29. August 2008

Biosphärenreservat Elbtalaue in Gefahr? Minister Sander und Hirche als Totengräber? BUND fordert: Kein weiterer Elbausbau!

 


Hannover - Der Klimawandel könnte die Schifffahrt - auch auf der Elbe - massiv beeinträchtigen - die Elbschifffahrt ist schon jetzt auf Tiefststand: Der BUND stützt die Position des Bundesumweltamtes (UBA), denn ein für eine wirtschaftliche Schifffahrt ggf. notwendiger Elbausbau würde die Auwaldgebiete im Biosphärenreservat Mittlere Elbe nachhaltig schädigen, wenn nicht gar zerstören. Was soll das? Versuchen Umweltminister Hans-Heinrich Sander und Walter Hirche sich gemeinsam als Totengräber der Elbe und des Biosphärenreservates? Wollen sie den Beschluss des Landtages - den "Elbe-Konsens" vom Dezember 2007 - aushebeln? Auch die aktuelle Forderung der niedersächsischen CDU-Landtagsabgeordneten Bertholdes- Sandrock (CDU), die mittlere Elbe zwischen Hitzacker und Dömitz ganzjährig für Sportboote und Fahrgastschiffe befahrbar zu machen, passt in das traurige Bild von Wortbruch und immer neuen Versuchen, den Ausbau der Elbe auf Kosten des Steuerzahlers und der Natur und damit auf Kosten der nachfolgenden Generationen voranzutreiben.

Der niedersächsische Landtag hat den Elbausbau mehrfach als nicht naturverträglich abgelehnt und ausdrücklich eine naturnahe Entwicklung der Elbe zugesichert, zuletzt in einem Ende vergangenen Jahres einstimmig angenommenen interfraktionellen Entschließungsantrag (Elbe-Konsens). Dass "die neue Landesregierung ihre Arbeit auf diesem Entschließungsantrag aufbauen wird", das sicherte Sander dem Parlament seinerzeit zu. Lediglich Wortgeklingel?

Die laufenden, so genannten "Unterhaltungsarbeiten" an der Elbe, die Hirche und Sander jüngst als "unumgänglich" bezeichneten, sind nicht nur teuer, sondern auch sinnlos. Auf der Elbe gibt es keine wirtschaftliche Güterschifffahrt, daher kann sie auch nicht durch "notwendige Unterhaltungsmaßnahmen" erhalten werden. Für jene Europaschiffe mit 2,50 m Tiefgang und 2,80 m notweniger Fahrrinnentiefe ist der Niedrigwasserfluss Elbe unwirtschaftlich, denn dort können diese Schiffe an weniger als 100 Tagen im Jahr fahren, weil der Elbe das nötige Wasser fehlt. Wenn voll beladene Europaschiffe nicht ganzjährig verlässlich fahren können, fahren sie praktisch überhaupt nicht. Auch in diesem Jahr hat die Elbe seit Juni Niedrigwasser zwischen 1 m und 1,50 m Fahrrinnentiefe und zwar auf allen Elbstrecken E1 bis E9. (siehe Anlage) Man darf vermuten, dass die Herren Minister sich die Argumentation der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost zu Eigen machen, die um ihr Überleben kämpft. Nach deren aktuell vorgelegtem Güterverkehrsbericht wurden auf der Elbe 2007 (Messstelle Magdeburg) nur noch 0,9 Millionen Tonnen transportiert. Die anhaltend hohen Wasserstraßeninvestitionen laufen demnach trotz gegenteiliger Beschwörungen der Ausbaulobby ins Leere, da immer öfter das nötige Wasser fehlt. Wie die beigefügte Grafik "Niedrigwasser" zeigt, sind die Elbstrecken E1, E4 und E8 sogar noch schlechter befahrbar als die Reststrecke E9. Sandbänke befinden sich in der Elbe nicht nur zwischen Dömitz und Hitzacker ("Reststrecke"), sondern auf der ganzen Länge, denn die Elbe ist ein "Sandstrom", hat ein Flussbett aus Sand. Folglich treten, wenn das Wasser knapp wird, die Sandbänke zutage.

"Auch das Tourismusargument zieht nicht", betont Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler, der Geschäftsführer des BUND Niedersachsen e. V. "Nicht nur zwischen Dömitz und Hitzacker, auch in Dresden, Magdeburg und anderen Orten entlang der Elbe musste die Personenschifffahrt eingestellt werden - hier gibt es keine "Reststrecken", aber extremes Niedrigwasser - wie überall an der Elbe … Kanus und leichte Sportboote können dagegen fahren. Wir meinen: Die Elbe ist durchaus als Güterverkehrsweg verzichtbar, wie es in lang anhaltenden Niedrigwasserperioden schon Realität ist. Vor allem jedoch sind diese angeblichen Unterhaltungsmaßnahmen weitgehend verzichtbar, denn sie zerstören Lebensräume ohne nachweisbaren Nutzen!"

Damit bekräftigt der BUND die aktuell veröffentlichte Position des Umweltbundesamtes, der obersten Umweltbehörde der Bundesrepublik Deutschland: "Somit stellt sich die Frage, ob in Zukunft - unter den Bedingungen des Klimawandels - eine Schifffahrt auf der Elbe überhaupt sinnvoll ist. Die Investitionen in den Wasserstraßenausbau müssten steigen, wobei die Folgen für die Umwelt, z. B. für die Auwaldgebiete im Biosphärenreservat Mittlere Elbe, gravierend wären". (Zitat UBA) Der BUND kritisiert vor allem die laufenden und geplanten Baumaßnahmen entlang der gesamten Elbe, die angeblich zur "Ertüchtigung" der Wasserstraße dienten sollten, faktisch aber der Flusslandschaft Schaden zufügen. Die Elbe und ihre Auen stehen lückenlos unter europäischem Schutz sowie unter dem Schutz der UNESCO, zum Teil als Welterbe und zum Teil als Biosphärenreservat. Bodenstein-Dresler dazu: "Obwohl jährlich 40 Millionen Euro allein für Erhalt und Verwaltung ausgegeben werden, um - laut amtlichen Prognosen - eine Transport-Steigerung um 400 Prozent bis 2015 zu erreichen, geht der Trend in die gegenteilige Richtung. Der Gütertransport sinkt stetig, obwohl jede transportierte Tonne rechnerisch mit 40 Euro subventioniert wird. Wenn selbst in einem relativ wasserreichen Jahr wie 2007 nicht einmal eine Million Tonnen Güter transportiert wurden, gehört die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis der Wasserstraße Elbe auf den Prüfstand."

Weitere Infos: www.elbeinsel.de

Kontakte für Rückfragen:
Dr. Marita Wudtke, BUND Niedersachsen e.V., Tel.: 0511 - 96569-18
Dr. Ernst Paul Dörfler, BUND-Elbeprojekt, Tel.: 039244 - 290 bzw. 0178 - 16 17 800

Anlage: Niedrigwassertage (PDF-Format, ca. 75 KB)
Pressemitteilung zum Download (PDF-Format, ca. 51 KB)

 




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