16. April 2002
Agenda 2007 - "Chance zur ökologische Neuausrichtung der Agrarfinanzierung nutzen"
Von: Robert Exner, BUND-Pressereferent
Hannover, 16. April 2002 - "Die Weichen für die Agrarfinanzierung der nächsten zehn Jahre werden bereits heute gestellt. Bei der Vorbereitung der Agenda 2007 muss die Chance ergriffen werden, finanzielle Förderungen so einzusetzen, dass die biologische Vielfalt und die Leistungsfähigkeit der Naturlandschaft gesichert werden", forderte Lutz Ribbe, Direktor der Stiftung Euronatur heute auf einer Fachtagung zur Agenda 2007 in Hannover mit rund fünfzig Fachleuten aus Verbänden, Politik und Verwaltung. Um eine möglichst vielfältige Kulturlandschaft zu erhalten, dürften die Direktzahlungen in der Landwirtschaft nicht mehr wie bisher wenige, flächenstarke Großbetriebe begünstigen. "Das Sterben kleinerer Höfe darf nicht länger subventioniert werden", forderte Ribbe. Stattdessen seien die Zahlungen so auszurichten, dass sie der Entwicklung benachteiligter Regionen dienen und spezielle Maßnahmen für den Erhalt der biologischen und kulturellen Vielfalt fördern.Im Rahmen des noch bis Ende 2006 laufenden Programms Agenda 2000 unterstützt die Europäische Union die Landwirtschaft europaweit mit 297,7 Mrd. Euro. Niedersachsen erhält aus dem 7-Jahresprogramm der EU etwa 1,1 Mrd. Euro für sein Landesprogramm ProLand. "Lediglich fünf Prozent davon gibt das Land für Naturschutzmaßnahmen aus - kaum mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein", bemängelte Carola Sandkühler, stellvertretende Geschäftsführerin des BUND-Niedersachsen. Landwirten könnten so keine echten Angebote für alternative Betriebseinkommen geboten werden, dies müsse sich mit dem Nachfolgeprogramm der Agenda 2007 ändern."Eine Aufstockung der Naturschutzmittel im Agrarbereich auf insgesamt 20 Prozent ist im Rahmen der Agenda 2007 erforderlich, um den Schwerpunkt 'Grünland' als maßgeblichen Faktor für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Niedersachsen entwickeln zu können", erklärte die BUND-Sprecherin. Zum einen könne damit den europäischen Anforderungen zum Erhalt der EU-Vogelschutzgebiete in Feuchtgrünlandgebieten entsprochen werden, zum anderen müsse in Grünlandintensivgebieten, wie z.B. im Emsland extensiviert werden. Durch die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte habe die Ackerfläche zulasten der Grünlandbereiche stark zugenommen. Die verbliebenen knapp 30 Prozent der Grünlandbereiche seien ebenfalls überwiegend intensiv genutzt: "Kein Wunder also, dass 40 Prozent der natürlich vorkommenden Tiere und Pflanzen im Bestand gefährdet sind", sagte Sandkühler."Ein Miteinander von Naturschutz und Landwirtschaft ist möglich, wenn die vorhandenen Agrarfinanzierungsmaßnahmen entsprechend eingesetzt werden", erklärte die BUND-Landesvorsitzende Renate Backhaus. Es gehe darum, eine Bewirtschaftungsweise und -intensität zu finden, die beides erreicht, die Natur zu schonen und gesunde Lebensmittel im ausreichenden Maße zu erzeugen. "Darin liegt aus unserer Sicht für Landwirte die Chance zur bedarfsgerechten Umorientierung, um auf verstärkte Verbrauchernachfragen nach umweltgerecht produzierten Lebensmitteln reagieren zu können", sagte die BUND-Vorsitzende, die im Beirat des neugegründeten Landesamtes für Verbraucherschutz sitzt. Nach BSE-Skandal und MKS-Schock habe der ökologische Landbau bundesweit Umsatzsteigerungen von mehr als 20 Prozent verzeichnet. "Eine Neuorientierung der Agrarfinanzierung mit der Agenda 2007 ist daher auch für viele Landwirte in Niedersachsen von großem Interesse", so Backhaus.Bislang werde die Debatte um die Agrarpolitik noch zu kontrovers geführt, sagte Dr. Renate Strohschneider von der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (NNA). "Mit der Diskussion um die Agenda 2007 wollen wir alte Strukturen aufbrechen und helfen, neue Allianzen zu schmieden, denn die Agrarkrise im letzten Jahr hat deutlich gemacht: Agrarpolitik ist auf den gesellschaftlichen Konsens angewiesen, alles andere ist nicht zukunftsfähig", so die NNA-Vertreterin. Die Akademie habe daher die Diskussion aufgegriffen, um den beteiligten Verbänden, Organisationen und Institutionen ein Forum für ein Thema zu bieten, das in den nächsten Jahren die Entwicklung im Naturschutz und in der Landwirtschaft maßgeblich beeinflussen wird.

Hintergrundpapier erhältlich
Zum Thema Agenda 2007 können Sie ein siebenseitiges Hintergrundpapier mit Grafiken beim BUND-Niedersachsen beziehen: Tel. 0511/96569-0, Fax. 0511/662536, oder per eMail: bund.nds@bund.net. Gerne schicken wir die Informationen auch als eMail.
