1. März 2012
Bundeskabinett beschließt Bundesprogramm Wiedervernetzung
Berlin: Der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordern die Bundesländer auf, zügig mehr als 90 neue Wildtierbrücken zu planen und zu bauen. Nachdem das Bundeskabinett heute ein deutschlandweites Programm zum Bau von Wildtierbrücken beschlossen hat, müssen die Bundesländer nun umgehend die dafür bereitstehenden Gelder abrufen, sagten übereinstimmend der BUND-Vorsitzende Prof. Hubert Weiger und Dr. Klaus-Hinnerk Baasch, Präsident des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein und zuständig im DJV-Präsidium für Naturschutz.
Das Bundesverkehrsministerium hatte das „Bundesprogramm Wiedervernetzung“ monatelang hauptsächlich aus finanziellen Gründen blockiert. Seine Verabschiedung durch das Bundeskabinett ist endlich ein Schritt nach vorn. Leider enthalte der Bundeshaushalt 2012 nur einen allgemeinen Titel für den Bau von Grünbrücken und kein fixes Finanzvolumen für die Umsetzung des Programms, so wie es BUND und DJV gefordert hatten. „Deshalb sind jetzt die Länder am Zuge“, so Prof. Weiger und Dr. Baasch.
Neben dem Tod von jährlich hunderttausenden Tieren auf Deutschlands Straßen führt die Zerschneidung ihrer natürlichen Lebensräume auch zur Isolierung der Teilpopulationen vieler Tier- und Pflanzenarten. Genetische Verarmung - wie sie bereits in Schleswig-Holstein an einer Rotwildpopulation nachgewiesen wurde - und die Verhinderung der Wiederausbreitung seltener Arten wie etwa Luchs oder Wildkatze sind oft die Folge. Das „Bundesprogramm Wiedervernetzung“ schafft endlich die Voraussetzungen, an 93 prioritären Straßenabschnitten in den nächsten Jahren nachträglich Grünbrücken zu bauen. „Damit können Wildtiere in den wichtigsten Lebensraumkorridoren wieder gefahrlos die Barriere Straße queren und für Autofahrer sinkt die Gefahr von Wildunfällen“, so DJV-Präsidiumsmitglied Dr. Baasch.
„Grünbrücken dürfen jedoch nicht als Feigenblatt herhalten, um den Neubau von Straßen oder Autobahnen zu rechtfertigen“, sagte Weiger. „Zuerst müssen alle Straßenbaupläne auf ihren Sinn hin überprüft und mögliche Alternativen untersucht werden. Damit die weitere Zerschneidung von Lebensräumen und Biotopen durch neue Bauvorhaben gestoppt wird, ist der Verzicht auf ein Projekt immer erste Wahl. Wildtierbrücken können Schäden lediglich nachträglich mildern, die ein solches Projekt verursachen würde“, sagte Weiger.
Der Deutsche Jagdschutzverband hat seit 2000 maßgeblich die Entwicklung des bundesweiten Konzeptes der Lebensraumkorridore vorangetrieben und engagiert sich derzeit mit weiteren Partnern im Forschungsvorhaben „Holsteiner Lebensraumkorridore“, einem bundesweiten Leuchtturmprojekt für die optimale Anbindung von Grünbrücken ans Hinterland. Der BUND unterstützt die Wiedervernetzung von Biotopen und Waldlebensräumen bereits seit 2004 mit dem Projekt „Rettungsnetz Wildkatze“. „Ziel ist es, voneinander isolierte Waldgebiete durch das Anpflanzen von grünen Korridoren aus Bäumen und Büschen wieder zu verknüpfen“, so Weiger. In Niedersachsen arbeitet der BUND-Landesverband an der Vernetzung der drei großen Waldgebiete Harz, Solling und Lüneburger Heide. Diese sind jeweils groß genug, um stabile Wildkatzenpopulationen zu beherbergen. Harz und Solling sind bereits von Wildkatzen besiedelt, die Lüneburger Heide ist für die menschenscheuen Räuber dagegen bislang unerreichbar und daher unbesiedelt.
Die Wildkatzenbestände in Harz und Solling haben sich erholt. Auf der Suche nach neuen Lebensräumen breiten sich die Tiere in alle Richtungen aus. Die Reise endet jedoch meist an den Bundesautobahnen A7 und A2, oder an vielbefahrenen Bundestraßen (B6, B27). Als Ergänzung zum angestrebten Waldbiotopverbund sind Grünbrücken über diese Straßen zwingend nötig. Aktuell werden in Niedersachsen zwei Grünbrücken gebaut: über die A7 im Hainberg (Landkreis Hildesheim), sowie über die B27 (Landkreis Göttingen). Weitere Konfliktbereiche, die ebenso einer Querungsmöglichkeit dringend bedürfen, hat der BUND Niedersachsen bereits 2009 hier veröffentlicht.
Der Wildkatzenwegeplan des BUND wurde von der Freiburger Firma geOps interaktiv aufbereitet. Sie finden ihn im Internet unter www.bund.net/wildkatzenwegeplan. Dort sind auch die Standorte der geplanten Grünbrücken aus dem „Bundesprogramm Wiedervernetzung“ ersichtlich.
Ansprechpartner beim BUND Niedersachsen: Janina Philipp, Projektkoordination Wildkatze, Tel. 04102-8249314, E-Mail: janina.philipp@nds.bund.net
Pressekontakt: Torsten Reinwald, Pressesprecher DJV; Tel. 030-2091394-23, E-Mail: pressestelle@jagdschutzverband.de, www.jagdnetz.de; Dr. Friederike Scholz, BUND-Koordinatorin Pilotprojekte „Rettungsnetz Wildkatze“, Tel. 030-27586-483, E-Mail: friederike.scholz@bund.net bzw. Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressesprecher, Tel. 030-27586-425/-489, E-Mail: presse@bund.net, www.bund.net