7. April 2008

Biodiversität in Niedersachsen - Hintergrund - Guter Wille reicht nicht! - Biologische Vielfalt bleibt gefährdet - auch in Niedersachsen! www.gegenwind-whv.de oder Zeche Rüstersiel, Wilhelmshavens Bürgerinitiative gegen Kohlekraftwerke und für Klima

Hannover - Die 9. Vertragsstaatenkonferenz der Vereinten Nationen in Bonn ist der Anlass, das Thema "Biodiversität" in aller Munde. In Braunschweig startete am vergangenen Wochenende (4. bis 6. April 2008) die Öffentlichkeitskampagne des Landes "Biologische Vielfalt in Niedersachsen".
Doch trotz aller Programme und Schautafeln - das Artensterben geht weiter.

In Niedersachsen leben rund 40.000 Tier- und Pflanzenarten. Mindestens ein Viertel, eher ein Drittel dieser Arten ist gegenwärtig durch die Zerstörung der Lebensräume gefährdet. Wir brauchen die Artenvielfalt aber: für unsere Nahrung und Kleidung, für Wissenschaft und Forschung, beispielsweise in der Krebs- und Aidsmedizin oder für Energieerzeugung und Baustoffe. Genetische Vielfalt sichert - auch - das Überleben der Menschheit. Übrigens - (Arten)Vielfalt bedeutet auch Vielfalt von Schönheit.

Die Frage ist nicht mehr "Was kostet es uns, biologische Vielfalt zu schützen?", die Frage ist vielmehr "Was kostet der Verzicht auf biologische Vielfalt?"
Biodiversität ist unbezahlbar.

Intensive Landwirtschaft und Biomasseerzeugung, der Bau von immer neuen Verkehrstrassen und die fortdauernde Versiegelung von Flächen zerschneiden und zerstören Lebensräume, bedrohen die so notwendige biologische Vielfalt. Trotz immer neuer Erfolgsmeldungen der durch den Klimawandel aufgescheuchten Politik geht das weltweite Artensterben in rasantem Tempo weiter. Die genetische Überlebensbasis wird kleiner - wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen.

Um die Natur und die biologische Vielfalt zu bewahren, reicht guter Wille nicht aus - daher nimmt der BUND mit fachlichen Positionen und politischer Lobbyarbeit Einfluss auf die Gesetzgebung, die aktuelle Strategiediskussion und konkrete Entwicklungen, beispielsweise mit dem bundesweiten Wildkatzenwegeplan. Und er zeigt in eigenen Projekten in den Landschaftsräumen Niedersachsens, in Moor, Heide, Wald, an der Küste und in der Landwirtschaft, wie es geht: Mit einer Grünschnitt-Biogasanlage in Wendbüdel, mit der Weidewirtschaft Sudeaue oder Naturschutz in der Diepholzer Moorniederung, mit dem Projekt "Heimatgenüsse aus Niedersachsen" oder den Schmetterlings- und Wildkatzenprojekten - wir tun etwas für den Erhalt der Biologischen Vielfalt in Niedersachsen!

Unsere Forderungen zur Biologischen Vielfalt:

Grüne Korridore - Biotopverbund

Unzerschnittene Lebensräume sind selten geworden. Verkehrswege sind für wandernde Wildtiere wie Barrieren. 200 000 Rehe beispielsweise kommen jährlich auf deutschen Straßen um. Der Bau von Grünbrücken oder Querungshilfen ist eine Möglichkeit, das Tiersterben auf den Straßen zu stoppen - übrigens auch zum Schutz des Menschen.

Seit Jahren ist Niedersachsen bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrages zur Entwicklung des landesweiten Biotopverbundes überfällig. Das wäre nicht so schlimm, würde man die wichtigen Biotope auch ohne gesetzlichen Auftrag verbinden und örtliche Vernetzungskonzepte fördern. Doch Fehlanzeige: keine eigene landesweite Biotopverbundplanung, keine Unterstützung der Landschaftsplanung, keine systematische Förderung und Umsetzung von Verbundkorridoren, -strukturen oder Trittsteinen.

Der BUND Niedersachsen e.V. fordert auch im Jahr 2008, dem Jahr der Internationalen Konferenz der Vereinten Nationen (UN) über Biologische Vielfalt, Zerschneidungen zu verhindern, zu vermindern und einen landes- und bundesweiten Biotopverbund.

Vielfalt statt Monokultur

Energiegewinnung aus Mais, Raps oder Getreide ist dann eine Alternative zur herkömmlichen Strom- und Wärmeerzeugung, wenn der Anbau energiereicher Pflanzen dem Prinzip der Nachhaltigkeit folgt. Denn auch Biomasseproduktion in Monokulturen gefährdet die heimische Artenvielfalt.

Der BUND fordert Vorrang für die Nutzung von Biomasse aus Reststoffen, Gülle, Bioabfall und aus der Landschaftspflege (Grünschnitt). Die Einhaltung EU-, bundes- und landesrechtlicher Produktionsstandards (Cross Compliance und Gute Fachliche Praxis) muss auf zahlreichen Standorten in Niedersachsen intensiviert werden.

Verzicht auf Genmanipulation

Die genetische Vielfalt von Wildpflanzen ist heute durch das Aussäen und Anpflanzen von gebiets- und standortfremden, gar gentechnisch veränderten Arten massiv gefährdet.

Der BUND fordert, möglichst heimische Arten auch in der Landwirtschaft einzusetzen. Und er fordert den Verzicht auf jede Form der genetischen Manipulation von Saatgut. Dort, wo Genehmigungen nach Bundesrecht erteilt wurden, sollte das Land Niedersachsen (Brandenburg hat es vorgemacht) großzügige Abstandsregelungen vorschreiben.

Biodiversitätsmanagement

Die Planung, Betreuung und Pflege von Gebieten und Flächen mit Bedeutung für die Erhaltung der Biodiversität erfordert personelle Ressourcen. Noch nicht einmal die vorrangig für Naturschutz zuständigen Stellen, die unteren Naturschutzbehörden, verfügen in Niedersachsen derzeit über die notwendige Zahl an Fachkräften, um ihre vielfältigen Aufgaben sachgerecht erfüllen zu können. Viele Veränderungen und Störungen der Landschaft, - Grünlandumbruch, Beseitigung von Hecken und Feldgehölzen - bleiben damit unerkannt und ungeahndet, sukzessive geht hierdurch Lebensraum verloren und das Landschaftsbild wird zerstört.

Dazu sollen die Naturschutzbehörden nun auch noch die "Perlen" der Naturschutzflächen, die NATURA 2000-Gebiete, betreuen. Kein Wunder, dass erst für einen Bruchteil der Gebiete die von der Europäischen Union geforderten Managementpläne erstellt werden konnten... Und die Fachleute in den anerkannten Naturschutzverbänden waren nicht - wie von der EU gedacht - daran beteilig und konnten mitarbeiten.

Wer die Menschen für das Naturerleben begeistern will, muss auch dafür sorgen, dass die Landschaftsräume und Lebensgemeinschaften erhalten bleiben. Das geht nur, wenn professionelles Biodiversitätsmanagement von einer personell wie finanziell vernünftig ausgestatteten Naturschutzverwaltung betrieben wird. Genau die fordern wir!

Biodiversität braucht Klimaschutz! ... und umgekehrt!

Der Klimawandel ist nicht mehr vollständig zu vermeiden. Unter den klimatischen Veränderungen in Niedersachsen wird nicht nur der Mensch, es werden auch viele Tier- und Pflanzenarten leiden. Welche Arten hauptsächlich betroffen sind, ist in Niedersachsen - im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern - noch nicht bekannt, denn die Klimafolgen-Forschung steckt bei uns noch in den Kinderschuhen. Klar ist heute allerdings bereits, dass die Änderungen der Klimaverhältnisse zahlreiche Arten aus ihren originären Lebensräumen vertreiben werden. Nur wenn geeignete Ausweichflächen und Wanderkorridore vorhanden sind, ist ein massiver Artenverlust in Niedersachsen zu verhindern.

Bekannt ist allerdings, dass Niedersachsen als moorreiches Bundesland einen erheblichen und wichtigen Beitrag dadurch leisten kann, dass die noch intakten Moore gesichert und vor Entwässerung geschützt werden. (Intakte Hochmoore sind großartige CO2-Speicher!)

Der BUND fordert: Die ganz oder teilweise abgetorften Hochmoore sollten umgehen einer Renaturierung zugeführt werden - als Beitrag zum Klimaschutz und für den Erhalt der biologischen Vielfalt!

 




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