7. Februar 2007

Umweltverbände vor Erörterungstermin zur Weservertiefung: Unnötig, mit hohen Umweltrisiken behaftet, aber von Wasserstraßenkartell durchgeboxt

Bremen - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Umweltstiftung WWF Deutschland und die Aktionskonferenz Nordsee (AKN) ziehen die Unabhängigkeit der Genehmigungsbehörde für die Weservertiefung in Zweifel und sehen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Gewaltentrennung gefährdet. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest tritt als neutrale Planfeststellungsbehörde auf, um die Ausbauplanung zu genehmigen, die das nachgeordnete Wasser- und Schifffahrtsamt unter ihrer Aufsicht erstellt hat. Als Hauptgutachter treten die Bundesanstalt für Wasserbau und die Bundesanstalt für Gewässerkunde auf. Alle samt unterstehen weisungsgebunden dem Bundesverkehrsministerium. Und dort ist die Weservertiefung politisch beschlossen worden. "Das hat nichts mit einem neutralen und unabhängigen Verfahren zu tun, sondern ist ein mit seinen verteilten Rollen bewährtes Wasserstraßenkartell. Deshalb wundert es uns auch nicht, dass die Weservertiefung auf biegen und brechen durchgepeitscht werden soll, obwohl es ganz offensichtlich keinen begründbaren Bedarf gibt", eröffnet Martin Rode vom BUND die Verbändekritik.

Auf der Unterweser oberhalb von Bremerhaven sollen zukünftig ein paar Schiffe im Jahr etwas voller beladen eine Futtermittelfirma in Brake und die Stahlwerke Bremen anlaufen können. "Schön für die Unternehmen, aber schlecht für den Fluss", findet Beatrice Claus, Flussschützerin des WWF. "Die Unterweser ist heute schon nahezu einen Meter tiefer als sie nach der letzten Planfeststellung sein dürfte. Es droht eine Selbsteintiefung der Stromrinne, die zu einem unkalkulierbaren Risiko werden könnte, wie es heute schon von britischen Flussmündungen bekannt ist." Die Folgen wären, dass der Tidenhub noch stärker ansteigt als ohnehin schon erwartet, dass die Ufer noch stärker in Steine gelegt werden müssten und dass am Ende sogar die Standsicherheit von Deichstrecken unmittelbar am Flussufer gefährdet sein könnte. So kann es nicht weitergehen, meinen die Umweltverbände und sehen sich einig mit den Deichschützern links und rechts der Weser.

Auf der Außenweser bis Bremerhaven sollen Riesencontainerschiffe jederzeit voll beladen den Bremerhavener Containerterminal (CT 1-4) ansteuern können. "Auch ohne Vertiefung ist das für praktisch alle Schiffe möglich, da Bremerhaven niemals voll beladen angefahren wird und jedes Schiff viele leere Container mitführt", weiß Nadja Ziebarth von AKN. "Und gleich neben dran entsteht demnächst der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven, der von der Hafenwirtschaft bereits als CT 5 fest eingeplant ist. Er soll ja eigens für die Megacarrier gebaut werden und würde die Außenweservertiefung dann endgültig zum Millionengrab für Steuergelder machen." Und dann soll auf Kosten der Steuerzahler parallel auch noch die Elbe vertieft werden, damit die Hafenkonkurrenz und norddeutsche Kleinstaaterei weitergehen kann. Den Ausweg können nur ein arbeitsteiliges norddeutschen Seehafenkonzept und die längst überfällige Kostenbeteiligung der boomenden Hafenwirtschaft und Reedereien weisen.

Den Pferdefuß des Verfahrens sehen die Naturschützer von BUND, WWF und AKN in den Auswirkungen auf europäische Naturschutzgebiete. Trotz Wegbaggerns von Millionen Kubikmetern Flussboden, Anstieg des Tidenhubs um einen Dezimeter, Verschlickung von Seitenräumen, Verlust von wertvollsten Fischlebensräumen in den Flachwasserzonen und einer flussauf gerichteten Verschiebung der salzigen Brackwasserzone meint die Schifffahrtsverwaltung, dass sei unerheblich. Damit steht sie nicht nur im krassen Widerspruch zur Einschätzung der Naturschutzverbände, sondern auch zu allen Fachbehörden angefangen beim Bundesamt für Naturschutz bis hin zu den Naturschutzämtern der anliegenden Landkreise. Außerdem gilt für den ökologischen Zustand der Flusssysteme mittlerweile europaweit ein Verschlechterungsverbot. Das ist angesichts der sich immer deutlicher abzeichnenden Folgen des Klimawandels auch dringend erforderlich, wenn wir unsere Zukunft an der Küsten nicht aufs Spiel setzen wollen.

Bei Rückfragen:Martin Rode, Tel. 0421-790020, mobil 0162-9146189Bea Claus, mobil 0162-2914468




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