12. Dezember 2007
Gänsedämmerung - Rückschritt für den Naturschutz - Einwände gegen Niedersächsisches Jagdgesetz
Hannover - Die heute vom Landtag beschlossene Änderung des Niedersächsischen Jagdgesetzes stößt beim BUND Landesverband Niedersachsen auf Kritik: "Nicht nur, was dort geregelt worden ist, bedeutet einen weiteren Rückschritt für den Naturschutz in Niedersachsen, sondern bedenklich ist auch, wie die Regelungen zustande gekommen sind!", moniert der stellvertretende Vorsitzende Dr. Reinhard Löhmer des BUND-Niedersachsen die Novelle. "Wir waren nicht zur Stellungnahme aufgefordert, wie es bei diesen Gesetzen sonst gute demokratische Praxis ist."
Die Gesetzesnovelle sei ein erneuter Einstieg in die Bejagung von Wildgänsen in Niedersachsen, fürchtet Löhmer. "In einem ersten Schritt nimmt die Landesregierung die Nilgans aufs Korn. Dabei wird es aber nicht bleiben, denn aufgrund von Verwechslungen, besonders bei der Jagd in der Dämmerung, werden auch geschützte Arten zu den Opfern gehören, beispielsweise die seltene Zwerggans. Außerdem arbeitet die Landesregierung bereits an einer Änderung der niedersächsischen Verordnung über die Jagdzeiten, die Anfang 2008 beschlossen werden soll. Beabsichtigt ist, die Zeiträume, in denen Wildgänse in Niedersachsen wieder bejagt werden dürfen, deutlich auszuweiten. Dann stehen Bless-, Saat- und Ringelgänse, Graugänse und Kanadagänse monatelang auf der Abschussliste der Jäger - auch im Bereich des niedersächsischen Wattenmeeres. Das ist dramatisch!"
Der BUND hat bereits Widerstand gegen diese geplante Verordnung angekündigt, denn die Neuregelung entbehre jeglicher Begründung: "Schäden, die die Gänse auf landwirtschaftlichen Flächen anrichten, werden durch die Jagd nicht verringert - darüber sind wir uns als Experten in den Naturschutzverbänden mit den Vertretern der Landwirtschaft einig. Die Gänse werden auf diese Weise nur von Feld zu Feld getrieben und ihr Nahrungsbedarf wächst, je öfter sie auffliegen und flüchten müssen!"
Der BUND tritt für eine vernünftige Regulierung der „Wildschäden“ durch die Gänse ein, überall dort, wo den Landwirten nicht tragbare Verluste zugefügt werden. Der Verband ist aber strikt gegen eine, einem großen den "Feldversuch" gleichkommende Praxis, Zugvögel in Niedersachsen zu bejagen, die sich zudem mittlerweile in den wichtigsten Fremdenverkehrsregionen des Landes zu einer Attraktion für die Gäste aus dem In- und Ausland entwickelt haben.
Besonders empört ist der BUND darüber, dass der Verband - entgegen bisheriger Gepflogenheiten - vom zuständigen Ministerium bei der "Verbändeanhörung" nicht berücksichtigt wurde. Insgesamt dreißig Institutionen wurden vom Landwirtschaftsministerium im Juli 2007 dazu aufgefordert, ihre Stellungnahmen abzugeben, darunter auch zehn der vierzehn in Niedersachsen anerkannten Naturschutzverbände. Vier Vereine waren nicht dabei, darunter auch der BUND. Eine sachliche Begründung für diese Auswahl fehlt.
"Es ist uns unverständlich, dass bei einem Gesetzgebungsverfahren betroffene Verbände vom zuständigen Ministerium nicht beteiligt werden. Es ist üblich, jene Verbände, deren satzungsgemäße Belange von den Änderungen berührt werden können, zur Stellungnahme aufzufordern. Bei einer Änderung des Jagdrechtes mit Passagen, die geeignet sind, die Bejagung von Wildgänsen in Niedersachsen wieder einzuführen, muss es völlig unstrittig sein, den BUND als großen niedersächsischen Naturschutzverband nach seiner Auffassung zu dem Entwurf zu fragen. Wir verstehen dies Vorgehen nicht, weil wir bei anderen Themen mit dem Landwirtschaftsministerium gut zusammenarbeiten.", bedauert Dr. Reinhard Löhmer.
Die Landesregierung spricht immer wieder von der Beteiligung der Öffentlichkeit, lobt die Mitwirkung der Ehrenamtlichen bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und vergibt Preise und bei der Ausgestaltung wichtiger Gesetze werden die demokratischen Regeln nicht beachtet. Das sollte ein einmaliger Vorgang bleiben, fordert der BUND-Landesverband.
Kontakt zum Thema
Stefan Ott
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Fon +49-511-96 56 9-13
mobil 0175 - 5650852
Stefan.Ott@nds.bund.net
Niedersächsisches Jagdgesetz (NJagdG) (PDF-Format, ca. 115 KB)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften; Drucksache 15-4137 (PDF-Format, ca. 64 KB)
Beschlussempfehlung; Drucksache 15-4276 (PDF-Format, ca. 40 KB)