30. März 2006
"Schweineland" Niedersachsen - Schweinefabriken boomen - Umweltstandards sinken?
Hannover - Nach einer Studie des BUND setzt sich für Niedersachsen ein bestehender Trend fort. Über die Hälfte der in Deutschland gut 1,3 Millionen beantragten und/oder genehmigten Schweinehaltungsplätze werden in der Schwerpunktregion Weser-Ems gebaut werden. Die Schweinebestände werden somit um 15% ansteigen. Gleichwohl ist ein rasanter Strukturwandel eingetreten; die Zahl der Schweinehalter ist um 65% zurückgegangen, doch die Schweinebestände pro Betrieb haben sich mehr als verdoppelt.
Da in der EU der Bedarf an Schweine- und Geflügelfleisch bereits ausreichend gedeckt sei, sich der Trend zur industrialisierten Tierhaltung jedoch weiter verstärke, werde in der Folge der Export deutscher Fleischprodukte in Länder außerhalb der EU zunehmen. Der BUND warnte in diesem Zusammenhang vor einer Absenkung der ohnehin schon geringen Umweltstandards für den Betrieb industrieller Tierhaltungsanlagen, da die riesigen Ställe Probleme bei der Gülleentsorgung hätten.
"Die Fleischberge werden exportiert und die Gülleseen bleiben zurück. Die neuen Stallanlagen erhalten Baugenehmigungen ohne den Nachweis erbringen zu müssen, das langfristig genügend Fläche für die Gülle bereit steht" so Carola Sandkühler, Sprecherin des BUND Niedersachsen, "damit kann das Problem der Nitratbelastung des Grundwassers und der Ammoniakemissionen deutlich verschärft werden." Der BUND fordert aus diesem Grund den Gesetzgeber auf, eine Überprüfung der Verträge vorzusehen und eine Eignungsprüfung für Gülleflächen einzuführen. Zudem wachse der Druck globaler Fleischkonzerne auf Tier- und umweltgerechte Agrarbetriebe, die dann aufgeben müssten. Es gelte zukunftsfähige Standards zu verteidigen und sich nicht von den Interessen der Agrarindustrie instrumentalisieren zu lassen.
Mit Investitionsbeihilfen und Erleichterungen bei der Genehmigung von Großmastanlagen werde der Trend zur industriellen Tierhaltung gefördert. In diesen Anlagen würden die Tiere nicht artgerecht gehalten. Die Bedingungen in den Fleischfabriken führten außerdem zu einem erhöhten Medikamenteneinsatz. Als Leistungsförderer seien Antibiotika zwar verboten. Für 80 Prozent treffe dies jedoch nicht zu, da sie zu Therapiezwecken eingesetzt würden. Der Nachweis von Antibiotika in Salat und Getreide von Feldern, die mit Schweinegülle gedüngt wurden, seien ein Beleg für die Risiken der industriellen Tierhaltung.
Der BUND fordert, Agrarfabriken über den Umweg der Exportbeihilfen nicht weiter zu fördern. Landwirten mit umwelt- und tiergerechter Erzeugung, dem Ökolandbau und Direktvermarktern von Fleisch aus artgerechter Haltung würde die staatliche Unterstützung entzogen. Dies sei ein Skandal. Subventionen seien stattdessen an solche Tierschutzstandards und Umweltauflagen zu binden, die über den gesetzlichen Mindestanforderungen lägen. Erforderlich sei eine tiergerechte Verordnung zur Schweinehaltung. Der BUND fordert daher, dass das Recht auf umfassende Information über alle Daten der Agrar- und Ernährungsindustrie ausgebaut werden soll.
