19. August 2005

FFH -Frist läuft heute ab! Riskantes Wahlkampftaktieren auf Kosten der Bürger?

Hannover - "Wie ernst nimmt Niedersachsen die drohende Strafzahlung der EU?" fragt sich der BUND Landesverband Niedersachsen.Heute läuft für das zuständige Umweltressort die letzte Möglichkeit ab, sich begründet zur defizitären FFH-Meldung Niedersachsens zu äussern. Seit nunmehr über einem Jahr weiß das Umweltministerium von den Nachforderungen, hat sich aber bislang beharrlich geweigert, die entscheidenden "Hausaufgaben" zu machen.

Niedersachsen hatte zwar in 2005 nachgemeldet aber die wichtigsten Gebiete erneut ausgelassen. Hierauf mahnte die EU-Kommission mit Schreiben vom 19.7.05 erneut die fehlende Meldung an. Bundesumweltminister Trittin wandte sich daraufhin mit einem Schreiben an Ministerpräsidenten Wulff und bat um Stellungnahme bis zum 12. August mit dem Ziel horrende Strafzahlungen abzuwenden. Der zuständige Umweltminister Sander erbat sich eine Verlängerung der Frist bis heute, kündigte jedoch parallel dazu an, zum jetzigen Zeitpunkt keine Änderung der FFH-Meldung vorzunehmen. Die niedersächsische schwarz-gelbe Landesregierung trotzt so seit Monaten den Mahnungen des grünen Bundesumweltministers.

"Das kann sich langsam aber sicher zu einem kostspieligen Debakel für den Steuerzahler entwickeln", mutmaßt Carola Sandkühler, Sprecherin des BUND Niedersachsen. Auf die Zeit nach Trittin zu setzen, wie ein Sprecher der Staatskanzlei in Hannover verlauten lies, löse die Probleme auf europäischer Ebene auch nicht. Dass die EU nicht spaße und die Zwangsgeldandrohungen auch tatsächlich umsetze zeige das Beispiel Frankreich; am 12. Juli diesen Jahres wurden die Franzosen in einem Vertragsverletzungsverfahren im Bereich der Fischereiwirtschaft zu einer Pauschalsumme von 20 Mio. Euro plus weitere Strafgelder im Halbjahresrhytmus in Höhe von 58 Mio. Euro verurteilt. Frankreich hat darauf hin sofort die FFH- Flussmündungen nachgemeldet, um weiteren Verurteilungen auch auf diesem Gebiet vorzubeugen. "Der Europäische Gerichtshof wird auch vor Deutschland wohl kaum haltmachen" so Sandkühler weiter. Diese Mühlen mahlen langsam aber spätestens im Dezember 2005 geht es bei der Kommission weiter und die Strafzahlungen schrauben sich wegen der Verzögerungen Niedersachsens wohl weiter in die Höhe.

Rein fachlich gesehen, ist das Thema FFH-Meldung für den BUND klar: "Nach unseren Auswertungen machen die beiden spektakulären Fäll, die fehlenden Ästuare von Ems und Weser auch nur einen Bruchteil des Gesamtproblems aus. Die zahlreichen Defizite, die durch nicht fachlich begründete Gebietsabgrenzung entstanden sind, sollten nun endlich beseitigt werden", so Dr. Marita Wudtke, Naturschutzreferentin des BUND Landesverbandes Niedersachsen. Das Land hat eine extrem unübersichtliche Meldung abgeliefert, die nach Einschätzung des BUND auch der Verschleierung des Umstandes dienen dürfte, dass gegenüber der EU schon zugesagte Gebiete wieder zurückgezogen wurden. Dies betreffe beispielsweise insgesamt ca. 280 km Fließgewässer, denen ein besonderer Stellenwert bei der europaweiten Vernetzung der ökologisch bedeutsamen Gebiete zukommt. Als prominentestes Beispiel ist hier die Fuhse bei Celle mit einer Gesamtlänge von fast 50 km anzusehen.
In anderen Fällen seien große schutzwürdige Flächen wie die Heiden bei Unterlüss durch weit verstreute Splitterflächen ersetzt worden. Und z.B. für den Gehn im Landkreis Osnabrück oder den Dammer Bergen im Landkreis Vechta habe man völlig zerfranste und im Gelände nicht mehr nachvollziehbare Gebietsgrenzen abgeliefert. Den Gipfel stelle aber das Teichfledermausgebiet bei Aurich dar: Dieses "Gebiet" bestehe aus mehr als 30 Kleinstflächen, die über ein Gebiet von 40 x 20 km verstreut seien. "Einen so absurden Gebietsvorschlag hatte man in Brüssel überhaupt noch nicht gesehen!"

Nach Einschätzung des BUND müsse sich Niedersachsen auch darauf einstellen, dass es von älteren Gebietsmeldungen wieder eingeholt werde. Ein Beispiel dafür seien die "Eichen- und Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg", die richtlinienwidrig nur sehr unvollständig gemeldet wurden. Ein entsprechendes Beschwerdeverfahren sei nunmehr dem laufenden Vertragsverletzungsverfahren zugeordnet worden.

"Niedersachsen hat sich mit seiner Gebietsmeldung bundesweit völlig isoliert, wie schon ein erster Vergleich mit den Nachbarregionen zeigt:
Mit nicht einmal 7 % seiner Landfläche hat Niedersachsen einen geringeren Flächenanteil als Bremen oder die Metropole Hamburg gemeldet. Bei den Flächenländern gehört es zu den absoluten Schlusslichtern" so Dr. Wudtke. Niedersachsen bleibe auch z.B. deutlich hinter den Anstrengungen der benachbarten Niederlande zurück, die fast 10 % erreichten.
Der BUND fordert die Landesregierung auf, das riskante Spiel zu beenden und sich ein Beispiel an den anderen Bundesländern zu nehmen, die in den vergangenen Monaten bereits zur Zufriedenheit der EU-Kommission nachgemeldet haben.




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